Alles Gute, Daniel Thioune!

Ich hinterlasse hier auch nochmal meine Gedanken.

Ich konnte in den letzten Wochen kaum fassen, was sich da auf dem Spielfeld und drum herum ereignete.
Ähnlich wie einige meiner Vorredner hatte ich die längste Zeit der Saison über das Gefühl, dass das Team Thioune, Boldt und Mutzel einfach passt. Meiner Meinung nach waren die Transfers allesamt sehr durchdacht und sinnvoll. Ich glaube viele vergessen hier, was für ein Bombendeal die Terodde-Verpflichtung für das Mini-Gehalt von Boldt war. Als Leistner und Ulreich verkündet wurden, rieb man sich die Augen, wie viel Aufschwungsstimmung plötzlich durch das Umfeld wehte. Nach diesem unglaublichen Saisonfinale mit dem desaströsen 1:5 gegen Sandhausen. Dass man solche Qualitätsspieler trotzdem wieder dafür begeistern konnte für den HSV in der zweiten Liga für wenig Geld zu spielen. Hinzu kommt noch Onana, der immer wieder aufblitzen lässt, was für ein Juwel er mit seiner Dynamik, seinem Antritt und seinen Feinheiten im Spiel er ist. Dass er in den letzten Wochen mit abtaucht, geschenkt. Er ist 19, das ist seine erste Profisaison, Leistungssschwankungen sind da sowieso normal und in diesem Negativstrudel muss man erstmal weder alle Last von seinen Schultern nehmen. Bei Gjasula lag man danben, aber das passiert eben. Das passiert Zorc, wenn er 25 Millionen für LV Schulz ausgibt, das passiert Eberl mit Luuk de Jong usw.. Wobei diese Spieler damals einen erheblichen Teil des Transferbudgets ausgemacht haben, KG hingegen kam quasi umsonst.

Hinzu kommt das Auftreten Thiounes und das Performen seiner Mannschaft in der Hinrunde. Bescheiden aber ambitioniert, torgefährlich, flexibel, Rückschläge wie das Pokal-Debakel samt Tribünen-Schlägerei werden schnell abgeschüttelt. DT scheint das zu verkörpern, was man sich nach den letzten Jahren so gewünscht hat. Trainer-Kompetenz gepaart mit der lange ersehnten Bodenständigkeit.

Dann kam das neue Jahr, die Spiele in Würzburg, gegen Hannover, in Sandhausen usw. Und spätestens nach der Niederlage in Sandhausen konnte man es nicht mehr leugnen, dass sich die Geschichte wirklich zu wiederholen scheint. Als die ersten Gerüchte um Thiounes Entlassung aufkamen, kam in mir der Frust hoch, da man weiß, dass es spätestens dann in Hamburg nur noch eine Frage der Zeit ist, bis es soweit kommt. Ich hatte das Team um Thioune, Boldt und Mutzel als so stimmig warhgenommen, dass ich fest gehofft hatte, sie ziehen es einfach durch. Boldts Aussagen, dass die Geschichte zeigt, dass die Trainerwechsel auf lange Sicht meistens keine wirkliche Verbesserung bewirkt haben, hat diese Hoffnung noch einmal bestärkt. Ein paar Tage später sitzt er da und erklärt, warum er sich ganz bewusst dafür entschieden hat, die Zusammenarbeit zu beenden. Ich habe in den letzten zwei Wochen die Spiele nicht mehr geschaut, weil ich keine Lust mehr hatte. Auf das selbe Theater wie jedes Jahr. Dass meine Hoffnungen in Boldt sich als Schall und Rauch erweisen und er den selben Mustern wie seine Vorgänger verfällt. Die Entlassung Thiounes bestätigte diesen Eindruck dann nur noch.

Ich habe die PK heute in voller Länge gesehen und muss sagen, ich bin beeindruckt. Selten habe ich einen Trainerwechsel so offen, ehrlich und kompromisslos erklärt werden gesehen. Und ich muss sagen, seitdem bin ich im Frieden mit der Entscheidung. Die Entlassung scheint unausweichlich gewesen zu sein. Boldt beschreibt die Dynamiken, die hier in Hamburg greifen und auch in den letzten Jahren schon zum Misserfolg geführt haben. Und er erklärt noch einmal, dass er sich diesen Dynamiken gerne in den Weg gestellt hätte, aber es in diesem Fall einfach keinen Sinn mehr gemacht hat. Und ich glaube, dass er gerade seinen Mut, seine Ehrlichkeit und seinen Können in höchstem Maße zu Beweis stellt. Man merkt ihm an, dass es ihn nervt mit der erhofften Kontinuität auf dem Trainerposten konfrontiert zu werden. Er wusste genau, dass das kommen wird. Trotz allem trifft er die Entscheidung. Weil er nicht aufgegeben hat. Und den eingeschlagenen Weg weitergehen möchte. Wie oft wurde hier in den letzten Jahren kritisiert, dass mit jedem neuen Trainer eine neue Philosophie einkehrt. JB hat erkannt, dass Thioune unter dem Druck anfängt von seiner persönlichen und vielleicht auch der vereinbarten Linie abzuweichen. Er hat das "All-In" Interview sehr oft erwähnt, dies scheint ihn wohl wirklich gestört zu haben. Es scheint als ob Thioune die nötige Ruhe verloren hat mit dem Druck umzugehen, indem er diesen begriff verwendet. Für JB ist er damit wohl übers Ziel hinausgeschossen. All-In bedeutet immer, wenn der gewünschte Erfolg nicht eintritt, ist alles vorbei. Dies bedeutet, dass zwangsläufig nach dem Auftritt gegen Karlsruhe der Ofen aus ist. Boldt wehrt sich dagegen. Er lebt vor, was am Anfang der Saison verkündet wurde. Der Aufstieg ist nicht Pflicht. Es geht um die schrittweise kontinuierlich fortschreitende Entwicklung. Bei der Rückschläge eingeplant sind. Selbst ein verpasster Aufstieg. Thoune schien das nicht mehr verkörpern zu können. Boldt hat die Aufrichtigkeit im Umgang mit der Situation betont und angesichts dieses Trends, war er gezwungen den Trainer zu entlassen, den er sehr gerne gehalten hätte. Um sich nicht selbst unglaubwürdig zu machen. Und er betont - auch wenn das viele vor ihm schon getan haben, und damit völlig falsche Entscheidungen gerechtfertigt haben - dass Kontinuität nur des Erfolges und nicht ihrer selbst willen aufrecht erhalten werden sollte. Man ist hier nunmal in Hamburg. Und auch wenn man gerne Verhältnisse wie in Freiburg, bei denen man jahrelang stärker aus jeder Krise zurückkommt, hätte, muss man mit dem arbeiten, was man vorfindet. Alles andere ist realitätsfern. Und Hamburg ist anders, Hamburg ist kompliziert, schwieriger. Diese Rahmenbedingungen besser zu gestalten wird noch lange dauern, falls das überhaupt jemals gelingen sollte. Aber ich finde, dass Jonas Boldt dabei auf einem guten Weg ist, der in die richtige Richtung führt. Ich hoffe er geht ihn noch länger mit dem HSV.
Dieser Beitrag wurde zuletzt von yoooow am 03.05.2021 um 18:55 Uhr bearbeitet

Schade. Thioune hat dem Verein gut zu Gesicht gestanden.
Fachlich halte ich ihn auch für einen guten Mann und er hat versucht alle Spieler einzubinden in seine Pläne.

Ich wüsste jetzt nicht warum ein anderer Trainer auf Strecke erfolgreicher sein sollte.
Der Hund liegt beim HSV woanders begraben und nicht immer beim Trainer.

Bei euch sollte es wohl nicht sein, dabei war ich mir so sicher das er euch zum Aufstieg führt. Hätte vielleicht noch klappen können aber es sah ja nicht wirklich mehr danach aus.

Ein Traum wäre es wenn er wieder zurück kommen würde, nur 3. Liga wird er sich nicht antun. Da wird er was besseres finden.

Was war denn da genau mit Wood? Wurde das mal aufgedeckt?

Was ich mich zudem Frage ist, wie ein empathischer, offener Mensch wie er, die Mannschaft „verlieren“ kann.

Wie konnte das passieren?

Wood soll sich über die Aufstellung von Meißner echauffiert und diesen doof angemacht haben.

Könnte mir sogar vorstellen das es quasi zu einem Trainertausch zwischen dem HSV und dem SCP gibt.

Baumgart zu uns und DT nach Paderborn.

Thioune wäre wieder nah seiner Heimat und hätte ein soliden Zweitligisten mit ruhigem Umfeld und spannenden Kader. Denke da könnte er sich gut entwickeln und reifen um sich in ein paar Jahren den Traum von der 1. Liga zu erfüllen. Ich würde es ihm wünschen.

Die Mannschaft verliert man in dem die Resultate nicht mehr stimmen!
Da ist es egal was für ein offener Mensch du bist. Hast du über einen längeren Zeitraum kein Erfolg glaubt die Mannschaft nicht mehr an dich. Passiert dann automatisch das man sich voneinander entfernt, da man auch einfach keine Lösungen mehr hat.
Schaut euch mal die Tabelle der Hinrunde an und dann die Rückrunde. Da ist schon seid ein paar spielen die Luft raus.

Aber warum schafft man es nicht, sich diese Mannschaft zurück zu erarbeiten? Ich mein, die Entlassung nachdem der Aufstieg nicht mehr erreichbar war, hat doch null Effekt und man verwehrt Thioune die Möglichkeit im Sommer auf den Erfahrungen aufzubauen.... ich hätte mir so sehr gewünscht mit ihm langfristig einen Trainer zu haben. Warum kann man sich Mannschaften nicht zurück erarbeiten? Es wird doch immer Niederlagenserien geben, so Worcestershire auch immer Siegesserien geben wird.....

Super Beitrag, das Mal vorweg.

Den HSV beobachte ich mittlerweile seit etwa 6 oder 7 Jahren, wobei ich gestehen muss, dass ich ihn immer noch nicht verstehe. Ohne das jetzt auszubreiten, hätte ich eine konkrete Frage: Was mir persönlich vollkommen paradox erscheint, ist die Spannung zwischen aufsteigen und entwickeln.
Das verstehe ich nicht.

Was soll denn entwickelt werden?
Der Etat ist auch im dritten Jahr riesig, nimmt aber jährlich ab. Die Mannschaft besteht im großen und ganzen aus gestandenen Spielern, die für die Liga in der man spielt überdurchschnittliche Leistung bringen können . Wirklich jung sind nur Onana und Vagnoman, der Rest der U23 Spieler (Jatta, Wintzheimer) müsste sich vom Alter und der Erfahrung her eigentlich im Oberhaus seinen Schliff holen, wenn sich die Entwicklung lohnen soll (wobei ich Jatta für sehr gut in der zweiten Liga aufgehoben finde). Ambrosius sehr ich als Sonderfall, da er seine erste Saison mit wirklichen Spielanteilen macht.

Ein Spielsystem kann man auch nicht wirklich entwickeln, da man in der zwoten Liga Jäger und in der ersten Gejagter ist.

Die Infrastruktur und das Umfeld können es auch nicht sein, da man massive Einbußen im Verhältnis zur Bundesliga hat.

Was genau will man also entwickeln, wofür man den nicht-Aufstieg hinnimmt oder war das mit der Entwicklung nur eine Phrase, um sich frühzeitig für eventuellen Misserfolg abzusichern?


zum Thema Trainer:
Um Thioune tut es mir irgendwie leid, ich finde ihn sehr sympathisch, aber die Trennung ist wohl folgerichtig, wenn auch ein paar Spiele zu spät.

Es geht hier ja nicht darum, dass man mal 2-3 Spiele schlecht ausgesehen hat...Die Hinrunde war wirklich stark, mit teilweise sehr, sehr schönem Fussball. Das hat oftmals richtig Spaß gemacht sich unsere Spiele anzusehen. Taktisch flexibel, leidenschaftlich, voller Engagement, da stand ein Team auf dem Rasen.

Und dann... Dann muss irgendetwas passiert sein. Wahrscheinlich werden wir das dann in ein paar Monaten in der Bild oder dem Kicker lesen. Anders kann man es doch nicht erklären, dass beinahe auf Fingerschnipps nichts mehr davon da war.

Es ist ja nun nicht so, dass man da mal 2-3 Spiele nicht so gut aussah. Wir haben in der Rückrunde aktuell 3 Spiele gewonnen! Da waren Spiele dabei, wo man sich als Fan schämen musste. Der Tabellenkeller der zweiten Liga hat uns ausnahmslos spielerisch und kämpferisch vorgeführt. Wir sind aktuell bereinigt in der Rückrunde wahrscheinlich irgendwo auf Platz 11-14. Das ist eine absolute Vollkatastrophe und nicht nur eine Momentaufnahme.

Auch ich fand Thioune gut, teilweise sehr gut. Das übliche Leid mit späten, teilweise unglücklichen Einwechslung... Okay, drauf geschissen.

Für mich kommt die Freistellung 4-5 Wochen zu spät. Den Turnaround, so sehr ich ihn mir für den HSV und auch Thioune gewünscht habe, war zuletzt einfach unrealistisch. Mit seinem All-In Fiasko gegen Karlsruhe gab es dann aber eigentlich auch keine andere Möglichkeit mehr.

Trotzdem hoffe ich, dass man Thioune bald wieder bei einem Verein sieht.