Ach ja, damals... Der Thread für längst Vergangenes

28.02.2013 - 11:50 Uhr
@Aalto : Bekommst Du noch zusammen, auf welchen Sendeanstalten Du damals die Finals 1999 & 2012 gesehen hast? Ich hab beide kürzlich in Originalübertagungen gesehen - und zwar in anderen als damals - und hab einen Verdacht.

1999:

Live die RTL-Übertragung. Hab damals aber so Sperenzchen gemacht wie Ton stummschalten & B5-Übertragung als Ton; könnte also auch sein, dass ich Günter Koch statt Marcel Reif gehört hab. Jedenfalls hab ich Lobeshymnen des Reporters im Gedächtnis. Und meine Erinnerung sagt mir zudem, dass ich die Niederlage dann furchtbar ungerecht fand.

Nun kürzlich hab ich die Premiere-Übertragung mit Günter-Peter Ploog gesehen - und der war quasi die ganze Zeit am Mahnen und Kritisieren, dass sich die Bayern nicht so weit hinten rein drängen lassen sollen.



2012:

Live die Free-TV-Übertragung, was dann Sat.1 gewesen sein dürfte. Kann mich da an keine Einzelheiten erinnern, aber wie schon mal gesagt: Für mich stand noch vor dem 11er-Schießen fest, dass der Sieger nur FC Bayern heißen kann.

Kürzlich hab ich nun die Sky-Übertragung gesehen - und Stefan Effenberg hat da als Co-Kommentator nach den ersten vergebenen Chancen quasi dauernd geunkt, dass das schiefgehen kann. Erst recht dann natürlich nach dem 1:1 aus heiterem Himmel, von wegen Chelsea sei nun moralisch (noch) mehr im Vorteil. So wurde auf Sat.1 sicher nicht kommentiert.


Nun gibt man sich zwar nicht immer der Reporter-Meinung hin, aber ich vermute, dass man besonders in zittrigen Spielen weniger kritisch ist; sich dem eher hingibt und beeinflussbarer durch den "Erzähler" ist.


Könnte es also sein, dass Du 1999 wie ich RTL, 2012 aber Sky geguckt hast? Deine Vorahnungen von 2012 würden nämlich wunderbar zum wiederholten Unken Effenbergs während des Spiels passen.



Zu Schlachtenglück vs. Narrativ der logischen Konsequenz:

Ich hatte ja schon gesagt, dass die Elfmeterschießen von 2001 & 2012 nicht zwangsläufig so ausgehen mussten; sie auch umgekehrt hätten enden können. Trotzdem dürfte nicht von der Hand zu weisen sein, dass es nicht vorteilhaft war, dass wir 2012 keine 5 überzeugten und sicheren Schützen zusammenbekommen haben. Oder dass die Erzählform
"Wir hatten 2012 das Pech, dass der einzige konstruktive Versuch Chelseas dann gleich bestraft wurde"
nicht der folgenden überlegen ist:
"Vor dem 1:0 hatten wir wenig Mühe, Chelsea vom eigenen Tor wegzuhalten, weil für sie keine Notwendigkeit bestand, so ins Risiko zu gehen. Sobald sie aber da war, fanden sie gleich Mittel und Wege - und wir keine dagegen."

Ansonsten bin ich der Meinung, dass man nicht (immer) Liga- und CL-Leistungen miteinander in Verbindung bringen kann. Ist ja ein altbekanntes Phänomen, dass bestimmte Brüche psychologische Schranken auflösen können, wie der Beginn einer neuer Saison nach schlecht verlaufener alter - oder aber ein anderer Wettbewerb. Siehe uns 1974/75, vermutlich Aston Villa 1981/82, Kaiserslautern in der Pokalsaison 1995/96, Dortmund 1997/98 - oder eben uns 2000/01: In der gleichen Phase, als wir unsere Siegesserie gegen die Creme de la Creme des europäischen Fußballs feierten, wurden in der Liga entscheidende Meisterschaftsspiele gg. Bremen und Schalke verloren. Die Abwehr, in der gesamten Liga-Saison ein ziemlicher Hühnerhaufen, mutierte in der CL plötzlich zur undurchdringlichen Mauer. Es gibt glaube ich auch Aussagen von Stefan Effenberg, dass sich die Mannschaft damals ganz bewusst v.a. auf die CL konzentriert hat und die BL so nebenbei gewinnen wollte. Also zusammengefasst: Die Mannschaft war in der CL 2001 ab dem letzten Zwischenrundenspiel so stabil, dass ich ihr keine 4 Gegentore nach Führung zutrauen würde. Gegen Real gab es im Rückspiel den Ausgleich durch Figo, wodurch beim nächsten Gegentor das Aus gedroht hätte - und wir rissen das Spielgeschehen gleich wieder an uns. Gegen Valencia bestand nach dem 0:1 auch nie die Gefahr, uns immer mehr Gegentore zu fangen. Da war mMn schon ne andere Stabilität drin, als in 2014-18.

Im Gegensatz dazu würde ich aber unser Aus heuer gg. PSG schon mit den Liga-Ergebnissen in Verbindung bringen, denn die Reihung passt einfach: Gegen Mainz am 14. Spieltag, Bielefeld (21.) & Dortmund ( 24.) zu Hause 0:2 in Rückstand geraten; gg. Leipzig (10.) nach gedrehtem Spielstand nochmals mit 2:3 in Rückstand geraten. Parallelen zum PSG-Hinspiel für mich unverkennbar. Für 2020 kann ich mich an sowas hingegen nicht erinnern. Barcelona stand mal kurz auf der Kippe, aber eben nur kurz und fast. Leverkusen im Pokalfinale kam nach 3:0 auf; das ist ne ganz andere Ausgangslage, als zu Hause ein 0:2 im Hinspiel der CL-KO-Phase zu kassieren und dann auch noch ein 2:3.
Dieser Beitrag wurde zuletzt von username am 28.05.2021 um 01:36 Uhr bearbeitet
Zitat von Aalto


Wenn die Pokalwettbewerbe inkl. Europapokal-Titel der Maßstab für gute Arbeit o.ä. wären, dann hätten wir mit Uli Hoeneß wohl einen der weniger Erfolgreichen im Aufsichtsrat. Der ist seit 1979 Funktionär bei Bayern und im Kern praktisch immer mitentscheidend. Das sind 42 Jahre - mit 4 Europapokalsiegen. 2 davon haben wir in den vergangenen 10 Jahren erlebt. In seinen ersten 12 (!) Jahren, als er noch praktisch alleine arbeitete, keinen (!) Titel. Er hatte übernommen 3 Jahre, nachdem der FC Bayern 3mal hintereinander den EC der Landesmeister gewonnen hatte und die Nationalmannschaft mit je 6 Bayern-Spielern Welt- und Europameister wurde.
Wir sind der größte Sportverein der Welt und der weit führende Klub im größten Fussballverband der Welt. Wir sind der Klub, der europaweit sicher und weltweit wahrscheinlich die meisten Weltmeister-Titelträger in der Geschichte stellt (1974, 1990, 2014, Lizarazu, Jorginho, Tolisso) sowie die meisten Europameister-Spieler. Wir könnten uns Weltmeister-Klub nennen, machen das aber nicht, überlassen lieber anderen den Titel der "Königlichen".
Da sind 4/42 eine fast erschreckend miese Bilanz und eine frappierende Unterperformance, die eigentlich nicht zu erklären ist. Trainer kommen für wenige Jahre rein in eine Situation und sind nach wenigen Jahren wieder draußen.

Und dennoch hat Hoeneß, die nationalen Titel mit eingerechnet, keine Unterperformance abgeliefert im größten Verein des größten Fussballverbandes der Welt. Weil es am Ende auf die Dauerleistung und hier vor allem die Meisterschaftsspiele und nicht auf wenige Ereignisse im April, Mai ankommt. Wie bei Guardiola, der sich aber bei City (nicht bei Bayern m.E.) zweifellos Fehlgriffe erlaubt hat.

Apropos, mir ist noch was zu unserer 80er-Jahre-Diskussion von letztens gekommen:

Es gibt einen entscheidenden Unterschied zwischen

Der Beckenbauer-Ära, der Breitnigge-Ära, der Effe-/Kahn-Ära und der der Müller-/Alaba-Ära auf der einen Seite

und der Mannschaft um Augenthaler ab Mitte der 80er auf der anderen Seite:

(wenn man mal die Phasen vergleichen will, in denen wir europäische Spitze darstellten)

In der erstgenannten Gruppe konnten die allermeisten Spitzenkräfte gehalten werden, so dass von Jahr zu Jahr eine Spitzenmannschaft an ihren Erfahrungen reifen konnte. Ab Mitte der 80er wurden hingegen mehrfach die Filetstücke der Mannschaft verkauft (1984 KHR, 1986 Lerby, 1988 Matthäus (und Brehme)); fast wie bei Dortmund in den letzten zehn Jahren. Das hat die Jagd auf die europäische Krone sicher nicht erleichtert und ich glaube nicht, dass Real oder Juve das in jener Zeit genauso machen mussten.

In Differenzierung der ersten Gruppe würde ich noch feststellen, dass wir ab Mitte der 90er in der Lage waren, unsere Leistungsträger beisammen zu halten. In den 70ern taten wir das zwar auch, aber finanziell war das vermutlich recht eng kalkuliert - die viel zitierten Schulden per UH-Amtsantritt kamen ja auch irgendwo her und ich glaube nicht, dass sie rein in den Jahren von 1976-79 aufgebaut wurden. Um überhaupt klarkommen zu können, wurden damals ja Unmengen an Freundschaftsspielen vereinbart, die den Einbruch in der Liga nach 1976 mit erklären dürften.

Im Gegensatz zu den 70er wurde also in den 80ern neben den (etwas geringer ausgefallenen) Erfolgen noch (finanzielle) Substanz aufgebaut, durch die sich der FCB auch in den schwierigen Jahren ab 1991 noch als größter Fisch gebahren konnte.

Das könnte man bei der Beurteilung dieser Jahre noch berücksichtigen, denn man kann sich ausmalen, dass ein verbliebener KHR gg Everton (1985) od Anderlecht (1986), Lerby gg. Porto (1987) oder Madrid (1988) und Matthäus dann in den Duellen gg. Milan (1990) od. Belgrad (1991) recht hilfreich gewesen wären - bis hin zu Überschneidungen mit mehreren der genannten Spieler als zusätzliche Verstärkung.
Dieser Beitrag wurde zuletzt von username am 30.05.2021 um 02:18 Uhr bearbeitet
Zitat von username
@Aalto : Bekommst Du noch zusammen, auf welchen Sendeanstalten Du damals die Finals 1999 & 2012 gesehen hast? Ich hab beide kürzlich in Originalübertagungen gesehen - und zwar in anderen als damals - und hab einen Verdacht.

1999:

Live die RTL-Übertragung. Hab damals aber so Sperenzchen gemacht wie Ton stummschalten & B5-Übertragung als Ton; könnte also auch sein, dass ich Günter Koch statt Marcel Reif gehört hab. Jedenfalls hab ich Lobeshymnen des Reporters im Gedächtnis. Und meine Erinnerung sagt mir zudem, dass ich die Niederlage dann furchtbar ungerecht fand.

Nun kürzlich hab ich die Premiere-Übertragung mit Günter-Peter Ploog gesehen - und der war quasi die ganze Zeit am Mahnen und Kritisieren, dass sich die Bayern nicht so weit hinten rein drängen lassen sollen.



2012:

Live die Free-TV-Übertragung, was dann Sat.1 gewesen sein dürfte. Kann mich da an keine Einzelheiten erinnern, aber wie schon mal gesagt: Für mich stand noch vor dem 11er-Schießen fest, dass der Sieger nur FC Bayern heißen kann.

Kürzlich hab ich nun die Sky-Übertragung gesehen - und Stefan Effenberg hat da als Co-Kommentator nach den ersten vergebenen Chancen quasi dauernd geunkt, dass das schiefgehen kann. Erst recht dann natürlich nach dem 1:1 aus heiterem Himmel, von wegen Chelsea sei nun moralisch (noch) mehr im Vorteil. So wurde auf Sat.1 sicher nicht kommentiert.


Nun gibt man sich zwar nicht immer der Reporter-Meinung hin, aber ich vermute, dass man besonders in zittrigen Spielen weniger kritisch ist; sich dem eher hingibt und beeinflussbarer durch den "Erzähler" ist.


Könnte es also sein, dass Du 1999 wie ich RTL, 2012 aber Sky geguckt hast? Deine Vorahnungen von 2012 würden nämlich wunderbar zum wiederholten Unken Effenbergs während des Spiels passen.



Zu Schlachtenglück vs. Narrativ der logischen Konsequenz:

Ich hatte ja schon gesagt, dass die Elfmeterschießen von 2001 & 2012 nicht zwangsläufig so ausgehen mussten; sie auch umgekehrt hätten enden können. Trotzdem dürfte nicht von der Hand zu weisen sein, dass es nicht vorteilhaft war, dass wir 2012 keine 5 überzeugten und sicheren Schützen zusammenbekommen haben. Oder dass die Erzählform
"Wir hatten 2012 das Pech, dass der einzige konstruktive Versuch Chelseas dann gleich bestraft wurde"
nicht der folgenden überlegen ist:
"Vor dem 1:0 hatten wir wenig Mühe, Chelsea vom eigenen Tor wegzuhalten, weil für sie keine Notwendigkeit bestand, so ins Risiko zu gehen. Sobald sie aber da war, fanden sie gleich Mittel und Wege - und wir keine dagegen."

Ansonsten bin ich der Meinung, dass man nicht (immer) Liga- und CL-Leistungen miteinander in Verbindung bringen kann. Ist ja ein altbekanntes Phänomen, dass bestimmte Brüche psychologische Schranken auflösen können, wie der Beginn einer neuer Saison nach schlecht verlaufener alter - oder aber ein anderer Wettbewerb. Siehe uns 1974/75, vermutlich Aston Villa 1981/82, Kaiserslautern in der Pokalsaison 1995/96, Dortmund 1997/98 - oder eben uns 2000/01: In der gleichen Phase, als wir unsere Siegesserie gegen die Creme de la Creme des europäischen Fußballs feierten, wurden in der Liga entscheidende Meisterschaftsspiele gg. Bremen und Schalke verloren. Die Abwehr, in der gesamten Liga-Saison ein ziemlicher Hühnerhaufen, mutierte in der CL plötzlich zur undurchdringlichen Mauer. Es gibt glaube ich auch Aussagen von Stefan Effenberg, dass sich die Mannschaft damals ganz bewusst v.a. auf die CL konzentriert hat und die BL so nebenbei gewinnen wollte. Also zusammengefasst: Die Mannschaft war in der CL 2001 ab dem letzten Zwischenrundenspiel so stabil, dass ich ihr keine 4 Gegentore nach Führung zutrauen würde. Gegen Real gab es im Rückspiel den Ausgleich durch Figo, wodurch beim nächsten Gegentor das Aus gedroht hätte - und wir rissen das Spielgeschehen gleich wieder an uns. Gegen Valencia bestand nach dem 0:1 auch nie die Gefahr, uns immer mehr Gegentore zu fangen. Da war mMn schon ne andere Stabilität drin, als in 2014-18.

Im Gegensatz dazu würde ich aber unser Aus heuer gg. PSG schon mit den Liga-Ergebnissen in Verbindung bringen, denn die Reihung passt einfach: Gegen Mainz am 14. Spieltag, Bielefeld (21.) & Dortmund ( 24.) zu Hause 0:2 in Rückstand geraten; gg. Leipzig (10.) nach gedrehtem Spielstand nochmals mit 2:3 in Rückstand geraten. Parallelen zum PSG-Hinspiel für mich unverkennbar. Für 2020 kann ich mich an sowas hingegen nicht erinnern. Barcelona stand mal kurz auf der Kippe, aber eben nur kurz und fast. Leverkusen im Pokalfinale kam nach 3:0 auf; das ist ne ganz andere Ausgangslage, als zu Hause ein 0:2 im Hinspiel der CL-KO-Phase zu kassieren und dann auch noch ein 2:3.


Ok, Du hast in mehreren Punkten recht. Bei knappen Spielen lässt man sich sicher auch von der Stimmung beeinflussen. Welche Sendeanstalten ich damals hatte, weiß ich nicht mehr. Ganz und gar nicht. Aber dass das die Wahrnehmung beeinflusst, ist ein guter Punkt.

2001 war wirklich ein kurioses Jahr. Die Mannschaft hat tatsächlich einen unglaublichen Willen gehabt, das steht außer Frage. Aber das wirkt natürlich auch erst mit den Erfolgen so richtig als Erzählfaden. Dieselbe Mannschaft, hier Liga (ich weiß, zählt erklärtermaßen nicht, aber ich finds seltsam), fällt gegen Schalke irgendwann zum Ende der Saison zu Hause aus dem Leim. Dieselbe Mannschaft wirkt über 90 Min. am letzten Bundesligaspieltag seltsam lustlos - kurz vor einer knappen Meisterschaft. Man stelle sich einen richtigen Gegner vor - auch da sind solche Gegentorfluten möglich.

CL 2001: Die Mannschaft war zweifellos hochkonzentriert gegen Real. Aber beim Hinspiel in Madrid hätte es auch 0:4 ausgehen können. Elber hat einen Schienbeintreffer hingelegt, der so ungefähr die einzige Tor"chance" überhaupt darstellte. Hätte, hätte Fahrradkette Real einen Treffer erzielt, hätte die Sache richtig kippen können (mein Gefühl). Das Finale gg. Valencia lässt sich diesbezüglich nicht bewerten. Valencia ist damals so eine Art frühes Atletico gewesen. Deren Trainer sagte vorher: Wer das 1:0 macht, gewinnt (was ja glücklicherweise nicht stimmte). Die haben sich nichts, aber auch gar nichts zugetraut. Wir haben schon deshalb verdient gewonnen, weil wir - etwas - mehr riskiert haben.
Zitat von username
Zitat von Aalto


Wenn die Pokalwettbewerbe inkl. Europapokal-Titel der Maßstab für gute Arbeit o.ä. wären, dann hätten wir mit Uli Hoeneß wohl einen der weniger Erfolgreichen im Aufsichtsrat. Der ist seit 1979 Funktionär bei Bayern und im Kern praktisch immer mitentscheidend. Das sind 42 Jahre - mit 4 Europapokalsiegen. 2 davon haben wir in den vergangenen 10 Jahren erlebt. In seinen ersten 12 (!) Jahren, als er noch praktisch alleine arbeitete, keinen (!) Titel. Er hatte übernommen 3 Jahre, nachdem der FC Bayern 3mal hintereinander den EC der Landesmeister gewonnen hatte und die Nationalmannschaft mit je 6 Bayern-Spielern Welt- und Europameister wurde.
Wir sind der größte Sportverein der Welt und der weit führende Klub im größten Fussballverband der Welt. Wir sind der Klub, der europaweit sicher und weltweit wahrscheinlich die meisten Weltmeister-Titelträger in der Geschichte stellt (1974, 1990, 2014, Lizarazu, Jorginho, Tolisso) sowie die meisten Europameister-Spieler. Wir könnten uns Weltmeister-Klub nennen, machen das aber nicht, überlassen lieber anderen den Titel der "Königlichen".
Da sind 4/42 eine fast erschreckend miese Bilanz und eine frappierende Unterperformance, die eigentlich nicht zu erklären ist. Trainer kommen für wenige Jahre rein in eine Situation und sind nach wenigen Jahren wieder draußen.

Und dennoch hat Hoeneß, die nationalen Titel mit eingerechnet, keine Unterperformance abgeliefert im größten Verein des größten Fussballverbandes der Welt. Weil es am Ende auf die Dauerleistung und hier vor allem die Meisterschaftsspiele und nicht auf wenige Ereignisse im April, Mai ankommt. Wie bei Guardiola, der sich aber bei City (nicht bei Bayern m.E.) zweifellos Fehlgriffe erlaubt hat.

Apropos, mir ist noch was zu unserer 80er-Jahre-Diskussion von letztens gekommen:

Es gibt einen entscheidenden Unterschied zwischen

Der Beckenbauer-Ära, der Breitnigge-Ära, der Effe-/Kahn-Ära und der der Müller-/Alaba-Ära auf der einen Seite

und der Mannschaft um Augenthaler ab Mitte der 80er auf der anderen Seite:

(wenn man mal die Phasen vergleichen will, in denen wir europäische Spitze darstellten)

In der erstgenannten Gruppe konnten die allermeisten Spitzenkräfte gehalten werden, so dass von Jahr zu Jahr eine Spitzenmannschaft an ihren Erfahrungen reifen konnte. Ab Mitte der 80er wurden hingegen mehrfach die Filetstücke der Mannschaft verkauft (1984 KHR, 1986 Lerby, 1988 Matthäus (und Brehme)); fast wie bei Dortmund in den letzten zehn Jahren. Das hat die Jagd auf die europäische Krone sicher nicht erleichtert und ich glaube nicht, dass Real oder Juve das in jener Zeit genauso machen mussten.

In Differenzierung der ersten Gruppe würde ich noch feststellen, dass wir ab Mitte der 90er in der Lage waren, unsere Leistungsträger beisammen zu halten. In den 70ern taten wir das zwar auch, aber finanziell war das vermutlich recht eng kalkuliert - die viel zitierten Schulden per UH-Amtsantritt kamen ja auch irgendwo her und ich glaube nicht, dass sie rein in den Jahren von 1976-79 aufgebaut wurden. Um überhaupt klarkommen zu können, wurden damals ja Unmengen an Freundschaftsspielen vereinbart, die den Einbruch in der Liga nach 1976 mit erklären dürften.

Im Gegensatz zu den 70er wurde also in den 80ern neben den (etwas geringer ausgefallenen) Erfolgen noch (finanzielle) Substanz aufgebaut, durch die sich der FCB auch in den schwierigen Jahren ab 1991 noch als größter Fisch gebahren konnte.

Das könnte man bei der Beurteilung dieser Jahre noch berücksichtigen, denn man kann sich ausmalen, dass ein verbliebener KHR gg Everton (1985) od Anderlecht (1986), Lerby gg. Porto (1987) oder Madrid (1988) und Matthäus dann in den Duellen gg. Milan (1990) od. Belgrad (1991) recht hilfreich gewesen wären - bis hin zu Überschneidungen mit mehreren der genannten Spieler als zusätzliche Verstärkung.


Absolut in die richtige Richtung gedacht, m.E.
Meiner Erinnerung nach stellte es sich ungefähr so dar:
Die Schulden müssen in den 70er aufgebaut worden war (bin ja auch erst "später" eingestiegen, aber die Diskussion war noch gelegentlich danach). Müssen u.a. Steuerschulden gewesen sei, die z. B. auf individueller Ebene auch Beckenbauer 1977 vertrieben haben.
In den 80er war bis 1984 nicht hinreichend Substanz da. Mit dem Verkauf von KHR aber hat Bayern plötzlich Geld gehabt, wie UH auch kürzlich oder vor 2,3 Jahren rückblickend noch mal erwähnte. Es war sozusagen alles paletti. Man hatte KHR aber verloren - richtig. Andererseits hatte man Lothar Matthäus gewonnen - fast pari.

Lerby, Matthäus sind nicht wg. Geldmangel des FCB gegangen. Dennoch ließ sich wahrscheinlich in Italien mehr Geld verdienen als beim UH-FCB. Das ist ein Grund für die lange relative, nur relative "Flaute" (international), keine Frage.

UH hat dann ja noch Kohler und Reuter nach Italien verkauft. Im Grunde dieselben Muster wie heute. Die wollten mehr Gehalt, bekamen in Italien wesentlich mehr, UH seine Ablöse und er holte als Kohler-Ersatz Kreuzer, sozusagen der Karlsruher Sarr, boshaft überspitzt. Vielleicht eher: Roca für Thiago.

FB und KHR brachten in zweierlei Hinsicht Neues: Zum einen holte FB recht früh Unternehmensberater Roland Berger an Bord. Der veränderte wohl logistisch für das beginnende Merch sehr Vieles. FB war schon immer recht kompetent darin, sich starke Berater zu holen und die auch agieren zu lassen. Und ab 1992 beschloss man direkt, ins Risiko zu gehen. FB sprach davon, wir seien ein Fussballverein und keine Bank. 1992 holte man Helmer, Witeczek, Schupp und Matthäus, meine ich. Ich bin recht sicher, dass man zumindest nicht das Festgeldkonto hat stärker werden lassen, eher umgekehrt. Genau wissen wir es natürlich nicht mehr. 1993, 1994 (Kahn u.a., Papin), 1995 (Herzog, Sforza, Klinsmann) langte man so zu, wie man es vorher nicht kannte. Das hat die sportliche Substanz geschaffen, aus meiner Sicht, die wiederum endlich auch international in der nun stärkeren CL unter dem Strich nach und nach mehr Runden ermöglichte. Die Einnahmen stiegen, und so refinanzierte sich der Spaß.
Kurz: Man investierte deutlich mehr als vorher und hatte sukzessive das Glück, dass das Geld aus den neuen Quellen (CL, Merchandising, auch Sponsoren deutlich verstärkt) zurückkam. Investments zur richtigen Zeit.

Das haben wir m.E. vor allem FB zu verdanken. KHR dürfte in den Anfangsjahren mitgeplappert haben, dem fehlte aber das Standing. FB und Glück.

Ich schrieb es andernorts schon: Wir haben in den 42 UH-Jahren nun insgesamt 4 Europapokale gewonnen. Es ist nicht ganz sicher, ob das viel oder wenig ist, denn wir sind der größte Sportverein der Welt. Die Bilanz 4/42 ist jedenfalls statistisch noch recht überschaubar. In den ersten 12 Jahren, in denen der Meister allein vor sich hinwerkelte, steht die Bilanz nominell bei 0/12 und wir begrüßten Spieler wie Wegmann, Ekström, Mihailovic und McInally in München. Matthäus II schon unter FB war der größte Stareinkauf, den Bayern bis dahin tätigte (außer vielleicht Breitner II 1978). Danach haben wir uns zyklisch auf diesem Gebiet wesentlich mehr zugetraut.

Ich glaube, anknüpfend an unsere Diskussion um die 80er, 90er und 2000er, dass uns die Investitionen selbst am Ende auf ein neues Level gehievt haben (vielleicht auch zu spät, zu holprig, was auch immer). UH hat viel, sehr viel dafür geleistet, Geld und Infrastruktur insgesamt aufzubauen, Sponsoren rangeholt und so fort. Er hat den Spaß also entscheidend mitfinanziert, keine Frage und eine enorme Leistung. Es hat uns dann aber geholfen, dass man ein zweites Augenpaar fand und ein drittes, die im richtigen Augenblick auch ins Risiko gegangen sind (und dann sportlich sowie durch sich verändernde Rahmenbedingungen Glück hatten).

Die Gesamtschau jedenfalls, europäisch: 0/12 Titel/Jahre bis 1991, 1991 bis 2001 (AG-Gründung) 2/10, 2001 (FB Frühstücksdirektor, Rest schlummerte teils vor sich hin) bis LvG 0/10; Neuzeit: 2011 bis 2021 2/10. Oder auch: 1979 bis 1996 0/17, 1996 bis 2021 4/25. Trotz erheblich mehr Konkurrenz international mit zahlreichen Mäzenen, Übernehmern, Großaktionären im Aus- und Inland.
Zitat von Aalto

Zitat von username

Es gibt einen entscheidenden Unterschied zwischen

Der Beckenbauer-Ära, der Breitnigge-Ära, der Effe-/Kahn-Ära und der der Müller-/Alaba-Ära auf der einen Seite

und der Mannschaft um Augenthaler ab Mitte der 80er auf der anderen Seite:

(wenn man mal die Phasen vergleichen will, in denen wir europäische Spitze darstellten)

In der erstgenannten Gruppe konnten die allermeisten Spitzenkräfte gehalten werden, so dass von Jahr zu Jahr eine Spitzenmannschaft an ihren Erfahrungen reifen konnte. Ab Mitte der 80er wurden hingegen mehrfach die Filetstücke der Mannschaft verkauft (1984 KHR, 1986 Lerby, 1988 Matthäus (und Brehme)); fast wie bei Dortmund in den letzten zehn Jahren. Das hat die Jagd auf die europäische Krone sicher nicht erleichtert und ich glaube nicht, dass Real oder Juve das in jener Zeit genauso machen mussten.

In Differenzierung der ersten Gruppe würde ich noch feststellen, dass wir ab Mitte der 90er in der Lage waren, unsere Leistungsträger beisammen zu halten. In den 70ern taten wir das zwar auch, aber finanziell war das vermutlich recht eng kalkuliert - die viel zitierten Schulden per UH-Amtsantritt kamen ja auch irgendwo her und ich glaube nicht, dass sie rein in den Jahren von 1976-79 aufgebaut wurden. Um überhaupt klarkommen zu können, wurden damals ja Unmengen an Freundschaftsspielen vereinbart, die den Einbruch in der Liga nach 1976 mit erklären dürften.

Im Gegensatz zu den 70er wurde also in den 80ern neben den (etwas geringer ausgefallenen) Erfolgen noch (finanzielle) Substanz aufgebaut, durch die sich der FCB auch in den schwierigen Jahren ab 1991 noch als größter Fisch gebahren konnte.

Das könnte man bei der Beurteilung dieser Jahre noch berücksichtigen, denn man kann sich ausmalen, dass ein verbliebener KHR gg Everton (1985) od Anderlecht (1986), Lerby gg. Porto (1987) oder Madrid (1988) und Matthäus dann in den Duellen gg. Milan (1990) od. Belgrad (1991) recht hilfreich gewesen wären - bis hin zu Überschneidungen mit mehreren der genannten Spieler als zusätzliche Verstärkung.


Absolut in die richtige Richtung gedacht, m.E.
Meiner Erinnerung nach stellte es sich ungefähr so dar:
Die Schulden müssen in den 70er aufgebaut worden war (bin ja auch erst "später" eingestiegen, aber die Diskussion war noch gelegentlich danach). Müssen u.a. Steuerschulden gewesen sei, die z. B. auf individueller Ebene auch Beckenbauer 1977 vertrieben haben.
In den 80er war bis 1984 nicht hinreichend Substanz da. Mit dem Verkauf von KHR aber hat Bayern plötzlich Geld gehabt, wie UH auch kürzlich oder vor 2,3 Jahren rückblickend noch mal erwähnte. Es war sozusagen alles paletti. Man hatte KHR aber verloren - richtig. Andererseits hatte man Lothar Matthäus gewonnen - fast pari.

Lerby, Matthäus sind nicht wg. Geldmangel des FCB gegangen. Dennoch ließ sich wahrscheinlich in Italien mehr Geld verdienen als beim UH-FCB. Das ist ein Grund für die lange relative, nur relative "Flaute" (international), keine Frage.

UH hat dann ja noch Kohler und Reuter nach Italien verkauft. Im Grunde dieselben Muster wie heute. Die wollten mehr Gehalt, bekamen in Italien wesentlich mehr, UH seine Ablöse und er holte als Kohler-Ersatz Kreuzer, sozusagen der Karlsruher Sarr, boshaft überspitzt. Vielleicht eher: Roca für Thiago.

Ich hatte das mit dem Substanzaufbau nicht nur auf Ablösen bezogen. Es konnten immer mehr Reserven (statt Schulden) aufgebaut werden, weil höheren Gehaltsangeboten, wegen derer mutmaßlich Lerby, Matthäus, Brehme (Kohler, Reuter) gingen, kein gleichrangiges entgegengesetzt wurde.

Im Gegensatz dazu die 70er: Bis auf Breitner konnten alle Stars gehalten werden, dabei gab es wohl durchaus Angebote, v.a. für Beckenbauer (Inter Mailand) & Müller (Barcelona). Im Hinterkopf hab ich einen Jahresverdienst für Beckenbauer von 1 Mio. DM - vergleichen mit den 7 Mio. Umsatz, die UH als Vergleichswert für 1979 gesetzt hat, ein unvorstellbar großer Anteil. Das entspricht eher ner Ausgabenpolitik à la Barcelona, hat aber dazu geführt, dass die Mannschaft zusammengehalten werden konnte. Der Titel-Hattrick von 74-76 dürfte auch in diesem Licht zu betrachten sein. Hätten Neudecker & Schwan schon wie UH in den 80ern gewirtschaftet, wären vermutlich auch weniger Titel in den 70ern hängen geblieben.
Dieser Beitrag wurde zuletzt von username am 30.05.2021 um 16:09 Uhr bearbeitet
Zitat von luca-toni
Das Saisonfinale 2001 jährt sich heute zum 20. Mal. Ich war damals zehn Jahre alt und weiß noch alles über diesen Tag. Unvergessen.



Dazu die Tagesschau vor 20 Jahren:

33. Spieltag (ab Minute 10:25)

https://www.tagesschau.de/multimedia/video/video-860389.html



34. Spieltag (zu Beginn (kurz) und ab Minute 11:05 (lang))

https://www.tagesschau.de/multimedia/video/video-865453.html
wenn man die links von unten nach oben anklickt....nach dem 2ten...grinsdaumen-hoch

edt.

....von oben nach unten genausosmile
Dieser Beitrag wurde zuletzt von dejo9 am 13.08.2021 um 01:19 Uhr bearbeitet
Zitat von dejo9
wenn man die links von unten nach oben anklickt....nach dem 2ten...grinsdaumen-hoch

edt.

....von oben nach unten genausosmile

Äh was? tongue
Zitat von username
Zitat von dejo9

wenn man die links von unten nach oben anklickt....nach dem 2ten...grinsdaumen-hoch

edt.

....von oben nach unten genausosmile

Äh was? tongue


Das ist total cool. Ich würde gerne noch ein BL-Spiel der Bayern am 7.8.77 hinzufügen.
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