Der alte Mann und die Märzkrise - 32. Spieltag: FC Hansa Rostock - SV Stuttgarter Kickers

Es war ein alter Mann, der allein in einem kleinen Boot im Alten Strom fischte und er war jetzt vierundachtzig Tage hintereinander hinausgefahren, ohne einen Fisch zu fangen.
Enttäuscht ging er mit hängenden Schultern an Land, sein leerer Blick, der durch alles hindurch zu dringen schien, erhaschte etwas, dessen sich der alte Mann erst später bewusst wurde.
Er vertäute sein Boot und ging los. Er irrte nicht umher, war nicht orientierungslos, dennoch wirkte sein Gang ziellos. Er war nicht in der Lage, seine Gedanken zu sortieren. Er blieb stehen und hob seinen Kopf. Der alte Mann stand vor einem Stadion. Aus einem inneren Antrieb heraus ging er zum Kassenhäuschen, kaufte sich eine Karte und betrat die Zuschauerränge.
Es war der 1. Februar und der alte Mann wurde Zeuge jenes 1:1 gegen den VfL Osnabrück, bei dem der FC Hansa mit zwei Mann weniger auf dem Platz durch tollen Einsatz einen Punkt erkämpfte. Wie selbstverständlich nahm sich der alte Mann vor, zum nächsten Heimspiel erneut zu erscheinen, war solch ein Nachmittag doch viel ergiebiger als seine Bemühungen, einen Fisch zu fangen.

Also war er zwei Wochen später erneut im Stadion. Natürlich hatte der alte Mann mitbekommen, dass seine Mannschaft zuvor einen wichtigen Auswärtssieg in bayerischen Landen gefeiert hatte.
Die Niederlage, der er beiwohnte, konnte der alte Mann verschmerzen, ging es doch gegen den Tabellenführer. Ein Unentschieden in Regensburg rundete den Februar ab, der zwar nicht sonderlich erfolgreich gewesen war, aber mit dem man leben konnte. Beim nächsten Heimspiel sollte es bereits März sein, eben jener März, dessen Ende man sich in Rostock herbeisehnte wie der alte Mann sich auf den Biss eines Fisches sehnte, wenn er im Alten Strom fischen war.

Was er zu sehen bekam, ließ ihn fassungslos zurück. Wie konnte man dem Gegner nur so großzügig die Punkte schenken? Der Auswärtssieg in Dortmund beruhigte seine Gemüter wieder, doch das Ergebnis verdeckte nur die Krise. Die beiden Heimspiele gegen Darmstadt und Duisburg brachten mehr Fragen als Antworten und verschärften die Krise immer mehr. Wie war es möglich, dass dort eine Mannschaft erst nach 45 Minuten am Spiel teilnahm?
Die Niederlage in Saarbrücken machte es dann mehr als deutlich: Die Märzkrise hatte Rostock heimgesucht.

Es war ein alter Mann, der allein in einem kleinen Boot im Alten Strom fischte und er wartete jetzt einhundertundfünf Tage hintereinander auf einen Heimsieg des FC Hansa Rostock.
Ihm war es egal, wer da auf dem Feld stand, es sollten nur elf Männer sein, die bereit waren, der Krise entgegen zu treten, dem Gegner keine Elfmeter zu schenken und die drei Punkte an Land zu holen.
Dieser Beitrag wurde zuletzt von espadin am 27.03.2014 um 22:04 Uhr bearbeitet