In den Gassen Berlins und den Straßen Gelsenkirchens erzählt man sich eine alte Fußballweisheit: "In stürmischen Zeiten zeigt sich der wahre Charakter eines Vereins." Hertha BSC und Schalke 04, zwei Giganten des deutschen Fußballs, die einst die Höhen der Bundesliga erklommen, stehen nun an einem Wendepunkt ihrer Geschichte. Geprägt von finanziellen Turbulenzen, internen Kämpfen und sportlichen Rückschlägen, suchen beide nach dem Licht am Ende des Tunnels. Wenn sie aufeinandertreffen, geht es nicht nur um Punkte, sondern um Hoffnung, Stolz und die Sehnsucht nach vergangenen glorreichen Tagen. Es ist mehr als nur ein Spiel; es ist ein Tanz zwischen Tradition und Erneuerung, zwischen Vergangenheit und Zukunft. Wer wird den nächsten Schritt in Richtung Wiederaufstieg machen? Das Herz des Fußballs schlägt im Takt dieser Begegnung.
Hertha BSC, ist der Verein, für den bei den meisten das Herz schlägt, mit dem wir durch dick und dünn gehen durften und noch weiter gehen werden. Leider waren in den letzten Jahren bei der alten Dame vor allem die Geldbündel dick, die man aus dem Fenster warf, weshalb man nun bereits ziemlich dünn und abgemagert vor dem widerspenstigen Bankomat steht und versucht die letzten paar Cent zusammenzuklauben, mit denen man dann die Abfindungen der ehemaligen Mitarbeiter bezahlt. Ja, die Vergangenheit nagt doch stark an dem Gerüst, auf dem der Verein eigentlich stehen sollte. Zumindest scheint man in dieser Woche zwei Personalien klären können, die in der Vergangenheit stark polarisiert haben. Torhüter Gersbeck, darf nach seiner körperlich intensiven Auseinandersetzung in Österreich nun wieder mit der Mannschaft trainieren. Nach 2 Monaten Suspendierung, einem öffentlich geführten Prozess und einer Entschuldigung, so wie finanzieller Entschädigung wurde das Verfahren gegen ihn eingestellt und er gilt nicht als vorbestraft. Viele sehen die Aktion des „Jungen aus der Kurve“ weiter kritisch, insbesondere weil der Präsident mit Ultra-Vergangenheit sich wohl intern stark für Gersbeck machte und schwere Körperverletzung nicht in den Wertekompass des Vereins passt, aber der Verein hat sich für die Rehabilitation entschieden. Gespannt darf man also sein, inwiefern er am Wochenende von den Auswärtsfahrern empfangen wird (sollte er es in den Kader schaffen). Gleichzeitig kam nun die Meldung, dass man sich mit Rune Jarstein auf eine Abfindung geeinigt hat und auch hier einem weiteren Prozess aus dem Weg gehen kann. Das Geld hierfür dürfte zum Teil aus der Tranche von Investor 777 kommen, die vertragsgemäß diese Woche im Verein einging.
Aber genug von den Nebenschauplätzen, wie sieht es denn auf dem Platz bei unseren Blau-Weißen aus?
Nach den furiosen letzten Wochen mit Siegen gegen Holstein Kiel und Eintracht Frankfurt, gab es nun zuhause gegen St.Pauli den ersten Dämpfer. Zwar war die Stimmung im Stadion ungebrochen hervorragend und das Team wurde von den Fans gepushed, allerdings hat es auf dem Platz noch nicht so richtig funktioniert. Hertha stand über weite Teile des Spiels unter Druck und hatte dem sehr guten Positionsspiel der Gäste wenig entgegenzusetzen. Daraus resultierend gab es am Ende eine verdiente 1:2 Niederlage, aus der die Spieler aber sicher vieles lernen werden. Bemerkenswert ist auch, dass Haris Tabakovic nach furiosem Start nun schon das zweite Spiel in Folge nicht getroffen hat, man mag hoffen, dass der sein Schießpulver einfach nur für S04 aufspart.
Kommen wir nun zum Gegner, den Schalkern aus Gelsenkirchen. Vorerst finde ich es wirklich bemerkenswert, wieviele Paralellen zwischen den beiden Vereinen bestehen. Nicht nur sind beide im letzten Jahr aus der Bundesliga abgestiegen, beide stecken auch bis zum Kopf in Schulden (was bei beiden zum Sanierungsbedarf führte) und beide haben eine Tendenz, auch neben dem Platz absolutes Chaos entstehen zu lassen. Schalke wird, wie vor einem Jahr, das Spiel mit Matthias Kreuzer an der Seitenlinie bestreiten, der den entlassenen Thomas Reis interimsmäßig ersetzt. Reis, letzte Saison noch gefeierter Aufholjäger der Schalker (auch wenn es nicht zum Klassenerhalt reichte), wurde vor ca. einer Woche für viele überraschend entlassen. Gründe für diese Entscheidung wurden danach viele in der Presse gemunkelt, am handfestesten war aber ein Interview von Neuzugang Timo Baumgartl, der sich zu einer Kritik an der Taktik vor laufenden Kameras hinreißen ließ und dafür eine Woche suspendiert wurde. Dass die Mannschaft sich im kampfintensiven, mannorientierten System von Reis nicht so wirklich wohlfühlte, war aber auch an den Ergebnissen abzulesen, denn zum Zeitpunkt der Entlassung befand sich der Verein auf Platz 16, den er nach der anschließenden Niederlage gegen Paderborn auch nicht verlassen hat. Da man vor der Saison den direkten Wiederaufstieg ankündigte, passten diese Leistungen natürlich nicht in das Anspruchsdenken.
Unter Kreutzer spielte das Team gegen Paderborn in einer 4-3-3-Grundformation, wobei man die Räume etwas asymetrisch aufteilte, so dass die linke (offensivstärkere) Seite etwas höher stand und die rechte Seite absicherte. Mit Polter hat man vorne einen klaren Zielspieler, der stark in der Luft ist und dem Gegner körperlich viel abverlangt. Ich denke dass sich Toni Leistner bereits auf die bevorstehenden Duelle freut. Alternativ dazu könnte auch Simon Terrode stürmen, der aus einer Verletzung zurückkehrt und einen ähnlichen Spielertyp verkörpert. Besonders wichtig wird es für unsere Defensive zudem sein, Ouwejan auszuschalten, der mit seinen präzisen Hereingaben und Standards für Gefahr sorgen kann. Auch Top-Talent Ouedraogo wird am Wochenende bei den Königsblauen wieder ein Faktor werden.
Hertha wird höchstwahrscheinlich weiter auf eine Mannschaft setzen, die sich einspielt. Als Herthaner hoffe ich natürlich auf eine weitere Tabakovic-Gala, der nicht ohne Grund zu den torgefährlichsten Spielern der Liga gehört und gegen die zuletzt sehr unsortiert wirkende Schalker Defensive sicher seine Räume finden wird. Ebenfalls möchte ich an dieser Stelle die Geschwindigkeit unserer Außenbahnspieler hervorheben, denn sowohl Winkler, als auch Reese gehören zu den schnelleren Spielern der Liga und könnten gegen eine behäbig wirkende Defensive ihre Stärken ausspielen.
Voraussichtliche Aufstellungen
Schalke: Langer – Ouwejan, Kaminski, Baumgartl, Brunner – Ouedraogo, Schallenberg, Seguin – Murkin, Terrode, Karaman
Hertha: Ernst – Dudziak, Kempf, Leistner, Karbownik – Marton, Bouchalakis – Reese, Hussein, Winkler – Tabakovic
Ich hoffe auf ein faires Spiel mit einem Sieger aus Berlin. Am liebsten ohne großes Zittern.
Dieser Beitrag wurde zuletzt von vanscap am 07.10.2023 um 00:01 Uhr bearbeitet