29. Spieltag: TSG 1899 Hoffenheim - 1.FC Köln

Liebe Anhängerschaft des großartigen 1. FC Köln, werter Fan der TSG,

unser FC reist am Samstag in den Kraichgau, wo in den Hügeln der Region, mitten im baden-württembergischen Nirgendwo, ein attraktives Gebäude die Menschen in Scharen anlockt. Die Thermen & Badewelt Sinsheim, ein Wohlfühlplatz in traumhaftem Südseeambiente, lockt u.a. mit mehr als 460 echten Südseepalmen und verspricht Urlaub für Körper und Seele.

Die Stadt Sinsheim (35 K Einwohner) beherbergt in unmittelbarer Nähe dieses Touristenmagneten ein weiteres, von Menschenhand erschaffenes Gebäude, welches zum Verweilen einlädt und Erholung vom Alltagsstress verspricht. Die Turn- und Sportgemeinschaft Hoffenheim 1899 e. V., kurz TSG 1899 Hoffenheim, kürzer TSG oder 1899, hat rund 11.000 Mitglieder und ist am Samstagnachmittag unser Gastgeber. Empfangen werden wir in der PreZero Arena, im Sprachgebrauch auch Rhein-Neckar-Arena. In der Selbstwahrnehmung eine EVENTLOCATION MIT CHARAKTER.
Die Arena, nach eigenen Angaben eines der modernsten und attraktivsten Fußballstadien bundesweit, steht seit 2009 in Sinsheim und bietet 30.150 überdachte Plätze (davon sind 23.400 Sitzplätze und 6.750 Stehplätze). Ursprünglich geplanter Standort war übrigens Heidelberg bzw. Eppelheim- wer hatte das noch auf dem Schirm?

Die Spielstätte soll das erste Zero-Waste-Stadion in Deutschland werden. Dies beinhaltet zum Beispiel die Einführung von einem Mehrwegbechersystem und die Weiterverarbeitung des anfallenden Rasenschnittes für Graspapier, welches für Autogrammkarten verwendet wird. Da freut sich nicht nur das Maskottchen der TSG, das wie aussieht und auf welchen Namen hört? Wer weiß es, wer weiß es?

Du, ja super! Wer wüsste das auch nicht- es sieht aus wie ein IKEääääh, ähm Elch und hört auf den fantasievollen Namen „Hoffi“. Die Traditionalisten können mir sicherlich erklären, weshalb ein Tier aus dem hohen Norden, mit eindrucksvollem Geweih, zum Glücksbringer erwählt wurde. Erstaunlich, dass die Menschen im Kraichgau Ende des 19. Jahrhunderts Elche kannten.

Schauen wir auf die Aktualität, die unsere beiden Clubs in den Niederungen der Tabelle ausweist. Wäre Bremen am letzten Sonntag nur ein klein wenig erfolgreicher gewesen, wäre das Spiel am Samstag eines zwischen direkten Tabellennachbarn. Hoffenheim rangiert mit 29 Punkten auf Platz 13, unser glorreicher 1. FC Köln hat 3 Punkte mehr auf Platz 11. Ein Heimsieg ließe die TSG an uns vorbeiziehen, denn die Tordifferenz zwischen beiden Konkurrenten ist vor dem Spiel identisch.

Wie stehen die Chancen, dass die Heimmannschaft die 3 Punkte einsackt? Eine Prognose fällt nicht leicht. Unser FC ist das Unentschieden-Monster der Liga und schwer zu schlagen. In der Spielzeit hat 1899 5-mal öfter ohne Punkte das Feld verlassen als unsere Böcke. In dieser Spielzeit hat Hoffenheim die Hälfte seiner 14 Heimspiele verloren und in der Rückrunde holte sogar unser Herzensverein einen Punkt mehr als die TSG.

Auf dem Papier stellen die Gastgeber den stärkeren Kader. Die Experten sehen Hoffenheim als klaren Favoriten und auch die Statistiken der bisherigen Begegnungen sprechen für die TSG. 1899 galt lange Zeit als Angstgegner unserer Herde.
Der letzte Auswärtssieg des FC bei 1899 datiert aus dem Jahr 2014, ein legendäres 3:4, Doppeltorschütze Olkowski. Der letzte Sieg überhaupt war das Pokalheimspiel im Oktober 2016 (Runde 2), ein 2:1 n.V. mit Freistoß-Hammer-Risse. Seither hagelte es Niederlagen, teils deftige, in Serie und lediglich 2-mal sprang ein 1:1 für uns heraus. So zuletzt im Hinspiel.

In diesem Hinspiel hatten die Kölner Kicker nach ihrem internationalen Auftritt am Freitag nur einen vollen Tag zur Regeneration. Die Verantwortlichen der TSG hatten medienwirksam eine Verlegung des Spiels aus „Fairness-Gründen“ angeboten, um sich dann doch lieber am vorgesehenen Spieltag mit dem FC zu messen. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt. Schließlich war die TSG in dieser Partie seit langer Zeit nicht der klare Favorit.

Es lief schon damals nicht mehr richtig rund in Hoffenheim. Grischa Prömel, gebürtiger Stuttgarter, fehlte verletzungsbedingt seit dem 13. Spieltag. Damals stand die TSG auf Platz 9, zwar entfernt vom eigenen Anspruch aber doch noch in Reichweite. Danach ging es langsam, aber stetig bergab. Ein Trainerwechsel sollte helfen.
Hoffenheims neu verpflichteter Coach Pellegrino Matarazzo stand nach fünf Spielen ohne einen einzigen Punkt schon vor der Demission. Der Sturz ging weiter und Mitte März, nach dem 24. Spieltag, übernahm die TSG die Rote Laterne mit bescheidenen 19 Punkten.

4 Spieltage später hat die TSG 10 Punkte mehr auf dem Konto und mit Platz 13 ein wenig Puffer zu der heißen Zone. Fußball ist halt kurzweilig und schnelllebig. 3 Siege plus ein verdientes Unentschieden beim Rekordmeister sind normalerweise kein wunderliches Ereignis für 1899, in dieser Saison aber durchaus.

Der aktuelle Aufschwung der Kraichgauer kann die teilweise desaströsen Auftritte in dieser Saison nicht wieder geradebiegen und so steht der langjährige Manager Rosen am Ende wohl zur Disposition. Dietmar Hopp hatte ihm zwar via Bild eine Jobgarantie ausgesprochen, im Kleingedruckten war aber von „dieser“ Saison die Rede, zumindest zwischen den Zeilen.

Ohne Dietmar Hopp wäre die TSG in der Bundesliga undenkbar. Der Mäzen und seine Finanzkraft lassen Spieler von gehobener Qualität oder sogar internationaler Klasse das Trikot der TSG überstreifen. Zu diesen Spielern gehört der Kroate Andrej Kramaric. Er ist bester Scorer (13) und bester Torschütze (9) in Personalunion und traf zuletzt 4-mal in Folge.

In 218 Bundesligaspielen hat er eine beeindruckende Torerfolgsquote von 44,5 Prozent. Seit Januar 2016 ist er bei der TSG und hat erstmals in der vorangegangenen Spielzeit nur einstellig (6) getroffen. Dass scheint vorerst ein Ausreißer nach unten gewesen zu sein, denn auch in dieser Saison wird er voraussichtlich zweistellig netzen. Kramaric ist dabei aus der vordersten Linie eine Position nach hinten gerückt und agiert auf einer offensiv geprägten 8ter Position hinter den Spitzen. Er ist das Gesicht der Hoffenheimer Mannschaft.

Die Spitzen bei der TSG wurden zuletzt vom deutlich formverbesserten und konterstarken Togolesen, Ihlas Bebou und dem österreichischen Nationalspieler Christoph Baumgartner gebildet. Baumgartner ist mit 6 Toren zweitbester Schütze und neben Angelino der einzige Feldspieler mit 27 Einsätzen in dieser Spielzeit.

Der Spanier Angelino, wechselte vor 2 Jahren für 18 Millionen Euro aus Manchester (City) nach Leipzig und machte sich in der Liga schnell einen Namen. Im Ringtausch mit Rausch lieh ihn die TSG aus Leipzig für diese Spielzeit aus und machte dabei lange Zeit kein gutes Geschäft.

Der einst vor Selbstbewusstsein strotzende Techniker, geriet regelmäßig zu einem Sicherheitsrisiko in der Hoffenheimer Hintermannschaft und konnte vorne keine Akzente setzen. Matarazzo sah sich gezwungen, den technisch starken Linksfuß aus der Start11 zunehmen.

Gleichzeitig hat der Chef-Trainer auch taktisch ein wenig eingegriffen und die Mitspieler angehalten, Angelino mehr Optionen zu bieten. Seit ein paar Spielen läuft es deutlich besser bei dem Spanier und auch die Mannschaft der TSG profitiert davon merklich. Die linke Außenbahn ist wieder zur Waffe geworden.

Die TSG wird auch nächste Saison die Bundesliga bereichern, da sind sich die Experten einig. Selbst wenn die Auswärtskurven der TSG regelmäßig verwaist anmuten, sieht der DFB den Dietmars Augapfel gerne in der höchsten deutschen Spielklasse. Es geht gesittet zu, im Kraichgau.

Auf dem Platz ist das nicht immer der Fall. Die TSG hat den Abstiegskampf angenommen und bedient sich durchaus auch einer ungalanten, diskussionswürdigen Spielweise. Kramaric beispielsweise nutzte eine Berührung für den sterbenden Schwan und schoss den anschließenden Freistoß direkt ins Bayern Tor. Zum Glück ist unsere Herde nicht mehr hilflos, wenn der Gegner dreckig spielt.

Unser FC ist in vielerlei Hinsicht ein Gegenentwurf zur TSG. Eine detaillierte Begründung für diese These würde den Rahmen sprengen. Deshalb spare ich mir das an dieser Stelle (auf).

Unser FC schien zwischendurch das Toreschießen verlernt zu haben, was im Fußball wenig hilfreich ist. Nachdem erste Berichte über die Sichtung des Abstiegsgespenst in der FC- Community auftauchten und folglich der ein oder andere Fingernagel angekaut wurde, entspannte der Sieg in Augsburg und die Punkteteilung gegen Mainz die Gemüter in Köln.

Bei noch 6 ausstehenden Partien und einem Vorsprung von 8 Punkten auf Platz 16, gehen die meisten Gelehrten von einem Verbleib des 1. FC Köln in der Bundesliga aus. Das wäre dann ein Neuzeit-Rekord in der ereignisreichen Historie unseres Vereins. 5 Spielzeiten ununterbrochen in der höchsten Spielklasse hat es seit dem ersten Abstieg ´98 nicht mehr gegeben.

Dieser Erfolg ist ein wichtiger Zwischenschritt für das Erreichen des übergeordneten Vereinsziels: Die Etablierung in der Bundesliga und der endgültige Austritt aus dem Fahrstuhl.
Großen Anteil daran hat unser aktueller Chefcoach Steffen Baumgart und sein Callcenter. Sie haben der Böckchenherde den richtigen Spirit vermittelt. Rein fußballerisch sind unsere Jungs eher im unteren Mittelfeld anzusiedeln, sie bringen aber fast immer die bessere Mentalität auf den Platz.

Einer unserer wichtigsten Fußballer kehrt am Samstag zurück in die Startelf. 6-mal noch dürfen wir Ellyes im FC-Trikot bewundern. Skhiri ist unser bester Torschütze und der Dirigent zwischen Abwehr und Offensive.

Bester Scorer (12) ist unsere neue Nr.10, Florian Kainz. Er scheint die ihm zugedachte Rolle mehr und mehr anzunehmen und auszufüllen. Der Verlust von Uth über die ganze Spielzeit wirkt nach. Daher darf man als FC-Fan ein positives Zwischenfazit ziehen, bevor es in die Crunchtime der Saison geht.

Unser Club hat sich trotz der Abgänge und den längerfristigen Ausfällen von Leistungsträgern, der Europatour und den Störfeuern von außen in dieser Saison konsequent von den bedrohlichen Plätzen ferngehalten. Der Puffer war mal mehr, mal weniger groß, aber er war immer da.

Der FC hatte im Sommer neues Blut (preiswert) eingekauft. Nahezu alle Neuzugänge waren mit einer großen Portion Risiko des Scheiterns versehen. Das Scheitern hielt sich in engen Grenzen, dafür haben ein paar deutlich besser performt, als man ihnen zugetraut hat. Der FC-Kader ist trotz bekannter Schwächen als Kollektiv konkurrenzfähig.
Auch am Samstag werden wir eine konkurrenzfähige Herde auf den Rasen in Hoffenheim schicken. Unsere Böcke werden sich nicht um die Statistik der Vergangenheit scheren und alles raushauen, was noch im Tank ist.

Das Dejan Ljubicic auf bestem Wege ist, seine Bestform zu finden wird uns sicherlich helfen. Unsere 4er Kette ist eingespielt und liefert stabil gute Performance. Zudem hat Baumgart endlich wieder die Qual der Wahl, weil sich unsere Herde fast vollständig gesund meldet. Hübers hat Schulter, ob es die Chance ist für Kilian oder sogar Soldo in die Start11 zu rutschen, steht derzeit noch nicht fest.

Da war mehr drin für den 1. FC Köln, will am Ende des Spiels keiner in Köln denken müssen. Dieses Fazit hatten wir schon zu oft gegen die TSG. Wer schmutzig spielt, muss sich nicht wundern, wenn das Karma endlich mal zurückschlägt. Der FC ist auswärts kein Fallobst und die TSG war selten so fragil, selbst wenn der Trend eindeutig für die Hoffenheimer spricht.

Zahlreiche Gästefans werden stimmgewaltig und mit fußballtypischem, kölschem Liedgut unsere Herde kräftig unterstützen. Das wird sich bemerkbar machen. Ich wünsche allen Auswärtsfahrern eine gute An- und sichere Heimreise, einen guten Blick aufs Spielfeld und schönes Wetter.

Uns allen wünsche ich ein Schiedsrichtergespann, dass dieser Partie würdig und gewachsen ist. Baumgart wünsche ich keine 4. Gelbe in der restlichen Saison, wäre nach Nizza dann schon die 2. Persönliche Sperre.

Für Auswärtsfahrer und Hennes kann das Motto für nach dem Spiel nur lauten: Pack die Badeklamotten ein. Ein Auswärtssieg unter Palmen zu genießen, entschädigt für die Mühen der An- und Abreise.

Damit das möglich wird, lautet das Motto für Hennes und seine Jünger im Spiel:
Vollgas-Attacke und Auswärtssieg!

Come on, FC!