22. Spieltag: TSG 1899 Hoffenheim - 1.FSV Mainz 05

Es ist Mitte Februar und das Wetter ist so bescheiden wie unsere bisherige Saison, aber die Spieler der TSG trotzen den nass-kalten Umständen und vernehmen so etwas wie Frühlingsgefühle. Nun ja, man sieht sie nicht gerade beim Paarungsakt auf den Trainingsplätzen, aber es scheint, als hätten sie die Liebe zu ihrem Sport wiederentdeckt. Dafür verantwortlich ist der 28-Jährige Loveguru Julian Nagelsmann, der mit seinem Antlitz auch Bravo-lesenden Mädchen schlagartig die ersten Erscheinungen der Pubertät auf den Plan rufen könnte. Es stellt sich nur die Frage, ob die Spieler auch bei den Fans eine neue Liebe entfachen und gleichzeitig das Team der Mainzer mit ihrem Charme dahinschmelzen lassen können.


Mit 20 Jahren Co-Trainer der U-17 der Münchner Löwen, mit 22 Jahren Co und ein Jahr darauf Cheftrainer der U-17 in Hoffenheim, mit 25 Jahren Co-Trainer unserer ersten Mannschaft, ein halbes Jahr später Cheftrainer unserer U-19 und nun also mit 28 Jahren Cheftrainer unserer ersten Mannschaft. Der jüngste Cheftrainer der Bundesligageschichte, Julian Nagelsmann, ist also, wie unser Sportdirektor Alexander Rosen schon gesagt hat, zwar in einem jungen Alter, aber er ist keinesfalls ein junger/unerfahrener Trainer. Unsere U-19 hat er zwei Mal ins Finale der deutschen Meisterschaft gebracht, hat diese einmal gewonnen und hat über die Jahre in 73 Spielen durchschnittlich 2,27 Punkte geholt. Da wird wohl der größte Traditionalist nicht bestreiten können, dass unsere TSG einen, zumindest auf dem Papier, vielversprechenden Trainer ihr eigen nennen darf. Nach unserem 1:1 letzten Samstag gegen Bremen konnte man von allen Seiten nur Lob in den höchsten Tönen vernehmen, obwohl die Mannschaft nach ein paar Tagen Training unter Nagelsmann natürlich noch lange nicht so weit ist, wie er es gerne hätte. Grundsätzlich konnte man sehen, dass die Mannschaft neue Hoffnung geschöpft und ein Stück weit befreit aufgespielt hat, was unter anderem auch der sehr offensiven Spielweise mit zeitweise acht Offensivkräften geschuldet war. Es ist aber auch kein Geheimnis, dass uns dieser eine Punkt keinen Schritt weiter gebracht hat, ab jetzt sind eigentlich nur noch Siege erwähnenswert, ohne die kommt man nämlich nicht aus dem Tabellenkeller.

Am kommenden Wochenende könnten wir, sofern wir die Mainzer bezwingen, als großer Gewinner des Spieltags vom Platz gehen. An eben jenem Spieltag gibt es nämlich genau drei direkte Aufeinandertreffen von Mannschaften, die über kurz oder lang von uns eingeholt werden können/müssen. Am Freitag trifft die Eintracht aus Frankfurt (6 Punkte Abstand auf uns) zuhause auf den HSV (11 Punkte), am Samstag spielt Ingolstadt (11 Punkte) gegen Werder Bremen (5 Punkte) und am Sonntag bekämpfen sich Hannover 96 (-1 Punkt) und der FC Augsburg (6 Punkte). Die Darmstädter, die 9 Punkte vor uns liegen, treten auswärts gegen den FC Bayern München an und haben, wenn man sich die Kartenflut in ihrem letzten Spiel anguckt, selbst wenig Hoffnung. Gehen all diese direkten Duelle unentschieden aus und wir holen die drei Punkte, dann wären es nur noch drei Punkte auf den Relegationsplatz, vier Punkte auf einen Nichtabstiegsplatz und neun Punkte auf den 11. Tabellenplatz. Wenn Augsburg dann noch gegen Hannover gewinnt, würden letztere 4 Punkte hinter uns liegen und Augsburg wäre nicht außer Sichtweite. Ich denke, dass ich nicht erwähnen muss, wie wichtig dieses Szenario nicht nur für den mentalen Zustand unserer Mannschaft wäre. Doch die Vergangenheit hat gezeigt, dass wir uns zu oft selbst schlagen, aus diesem Grund sind wir all die Jahre, die wir im deutschen Fußballoberhaus spielen, nie über einen 7. Platz hinweg gekommen und haben uns noch nie für das europäische Geschäft qualifiziert.

Jedoch bringt es nichts, wenn wir uns einzig und allein auf die anderen konzentrieren, denn in erster Linie müssen wir die Siege einfahren. Viele hier im Forum haben unter Stevens bereits mit dem Klassenerhalt abgeschlossen, zu desaströs war das Auftreten der Mannschaft und es war auf kurze Sicht auch keine Verbesserung zu erwarten. Damit, dass die ganzen Vorhersagen und Rechenspiele dann von einer Krankheit unseres Cheftrainers zu Nichte gemacht werden, hat wohl niemand gerechnet, aber, auch wenn das jetzt komisch klingen mag, vielleicht ist es das Beste für alle Beteiligten. Huub Stevens ist sein ganzes Leben lang nicht von der Droge Fußball weggekommen, obwohl er es sich in manchen Phasen seines Lebens bestimmt gewünscht hätte. Jetzt kann er mit seiner Karriere abschließen und sich um sein Leben und das seiner Frau kümmern, ohne sich irgendwann zu denken „Ach, hätte ich doch damals…“, denn beweisen muss er mit dieser Vita wirklich niemandem mehr etwas. Für uns ist es die Chance einen Neustart durchzuführen und uns wieder auf das zu konzentrieren, was uns von Anfang an ausgemacht hat, nämlich aggressives Pressing und Umschalten, gnadenloser Offensivfußball eben. Dass Julian Nagelsmann unserer Mannschaft diese Basics und vieles darüber hinaus beibringen kann, daran zweifelt in unseren Reihen wohl niemand. Ich bin jedenfalls gespannt, wie viel er mit der ersten kompletten Trainingswoche bewirken konnte und erwarte wieder eine sehr offensive Grundausrichtung, die uns hoffentlich den so benötigten Sieg bescheren wird.



Unser Gegner, der FSV Mainz 05, liegt momentan mit 33 Punkten auf dem 6. Tabellenplatz und wird an den verbleibenden Spieltagen wohl kein einziges Mal mit Abstiegssorgen in Berührung kommen. Geschuldet ist das, neben einer sehr gut zusammengestellten Mannschaft, die man ihrem Manager Christian Heidel zu verdanken hat, ihrem Trainer Martin Schmidt. Mir war nie so wirklich klar, wer dieser Martin Schmidt eigentlich ist, weil Mainz an mir immer komplett vorbei geht, aber in dem kürzlich erschienenen Artikel der Frankfurter Rundschau wird einem einiges verdeutlicht. Er hat z.B. seine Spielerkarriere nach dem siebten (!!!) Kreuzbandriss beenden müssen, war Extremskifahrer, Autoschrauber und Bekleidungsunternehmer, bis er nach seiner Station beim Unterklassigen FC Raron von Thomas Tuchel zu Mainz geholt wurde. Dort war er Jahre lang Trainer der 2. Mannschaft, bevor er vor fast genau einem Jahr zum Cheftrainer der ersten Mannschaft befördert wurde. Tatsächlich hat Martin Schmidt in 34 Ligaspielen im Schnitt 1,5 Punkte geholt und liegt damit im Vereininternen Vergleich vor Jürgen Klopp (1,13) und Thomas Tuchel (1,41). Er legt bei seiner Mannschaft sehr viel Wert auf Fitness und Ordnung auf dem Feld, aber auch der Teamgeist hat bei ihm einen sehr hohen Stellenwert. So hat er sich als Ziel des Wintertrainingslagers nicht wie andere Bundesligisten die Vereinigten Arabischen Emirate, Südafrika oder die Türkei ausgesucht, wo man sich bei warmen Wetter nach Strich und Faden verwöhnen lassen kann, sondern ist mit seiner Mannschaft in die eisigen Gefilde der Schweizer Berglandschaft gefahren, um dort ganz konservativ durch den Schnee zu wandern und in Zelten zu schlafen. Zugegeben, nach drei Tagen ist man im spanischen Marbella aufgeschlagen, allerdings nicht zu Fuß, sondern ganz normal per Flugzeug.

Der darauffolgende Rückrundenstart lief nahezu perfekt, bis auf die Niederlage gegen Ingolstadt hat man alle Spiele gewonnen, unter anderem gegen Mannschaften wie Gladbach und Schalke. Auffällig ist, dass sämtliche Spiele mit 1:0 gewonnen/verloren wurden, nur gegen Schalke musste man für den Sieg zwei Tore erzielen. Das ist wohl ein Zeichen dafür, dass Schmidt der Mannschaft die Ordnung und Ruhe eingeflößt hat, die er auf dem Feld sehen will, es wird also keinesfalls einfach für unser Team. Aufpassen muss man zum einen auf Yunus Malli, der im Hinspiel ganze drei Mal gegen uns treffen durfte, aber auch auf Julian Baumgartlinger, der unter dem jetzigen Trainer seinen zweiten Frühling erlebt. Er ist das Hirn der Mannschaft, der Deep-lying Playmaker, der uns so sehr fehlt.



Ich denke, dass wir Mainz am Samstag schlagen können, wenn all unsere Spieler die komplette Woche mitgezogen sind und das umsetzen können, was Julian Nagelsmann von ihnen verlangt. Niemand weiß so wirklich, wie die von ihm gewollte Spielweise aussehen wird, das kann nur unser Vorteil sein.
In diesem Sinne: Auf ein spannendes Spiel ohne Verletzte, mit vielen Toren und 3 Punkten für unsere TSG.
Dieser Beitrag wurde zuletzt von mxmlhr am 18.02.2016 um 16:50 Uhr bearbeitet

Sehe ich auch so. Trotzdem schlurfe ich wieder durch den Regen ins Stadion,wenn auch mit wenig Hoffnung auf positives.
Ich befürchte der Karren sitzt zu tief im Dreck als das Nagelsmann noch was reißen könnte.
Um so schöner wenn ich mich täuschen sollte.

Stimmt absolut.

Und ENDLICH kann man darauf auch wieder realistische Hoffnungen haben und ENDLICH steht da wieder eine Mannschaft auf dem Platz, die fightet und heute unter JN wohl "einfach" auch wieder das gespielt hat, was sie offenbar am besten kann - das Kommando "Attacke" ist zurück !

Der heutige 3er war nur ein kleiner Schritt in Richtung Klassenerhalt - aber er fühlt sich heute einfach rundum verdammt gut an !

Diese Mannschaft & JN haben heute vor allem für sich selbst (!!!) verdammt viel erreicht, was allen hoffentlich Sicherheit, Selbstbewusstsein & Spaß (!) zurückbringt - aber vielleicht/sicher auch manche Fans wieder "zurückgeholt" hat, da man wieder Glauben in dieses Team hat.

Es wird auch unter JN Rückschläge geben, vielleicht schon nächste Woche in Dortmund - aber selbst wenn es am Ende in die 2. Liga gehen sollte, dann zumindest auf diese Art & Weise und mit dem Gefühl, dass man unter JN alles Mögliche dagegen getan hat.

Neben dem ersehnten Sieg, gibt es auch weitere schöne Erlebnisse. Ich will kurz davon berichten.

Wir sind eine lockere Gruppe von Hoffe-Fans aus Südhessen, Worms, fahren dann meistens vom HBF in Mannheim per S-Bahn weiter.

Am Bahnsteig wurde ich auf englisch angesprochen, ob dies der Zug nach Hoffenheim zum Fußball wäre. Wir kamen ins Gespräch, es stellte sich heraus, es waren zwei Fans aus Schottland, die den deutschen Fußball lieben, und aus Edinburgh stammen. Daheim sind sie Fans der Hearts of Midlohian.
Sie hatten einen Flug nach Frankfurt gebucht , sich zwei Spiele ausgesucht, Hoffe-Mainz und heute Leverkusen-BVB. Sie hatten sich zwei Karten für 12 Euro per Internet für den " Stand " besorgt. Sie könnten den Preis kaum glauben, noch dazu die freie Fahrt im Nahverkehr.

Wir gingen dann erst in den Elfmeter, dass du dann mit dem Bier in der Hand auf der Straße rumläufst, ist dort teilweise undenkbar. Wir zeigten ihnen dann das Fanhaus, trafen dort einen Fanbeauftragten, der den Jungs gleich zwei Schals spendierte - mir natürlich auch einen -

Faszinierend fanden sie natürlich die Bierpreise, noch erstaunte waren sie über die vielen Frauen und Kinder. Dass du das Bier in den " Stand " mitnehmen darfst, wollten sie gar nicht glauben. Auch das gesamte Stadion, Fasilities fanden sie klasse. Per Whatsapp gingen alle Infos an Ihre Kumpels daheim.

Wie es dann so ist, wünscht man sich in den nächsten 10 Jahren eine Teilnahme in der Europa League, dort gegen die Hearts.

Ich habe den beiden versprochen, ihnen hier auf TM im Hoffe-Forum Grüsse zu schicken. Hallo Frazer and Doggi, I hope, you had a nice evening in the irish pub in Mannheim. We see us again in the RNA in Sinsheim.
Dieser Beitrag wurde zuletzt von gallo_nero_2002 am 21.02.2016 um 08:25 Uhr bearbeitet

Ich habe mir vorhin den Teil mit Strobl angeschaut. Da hat aber einer den Plattitüden- und Ausweichkatalog zu sehr konkreten Fragen sauber auswendig gelernt.
Zumindest ringt er sich ja noch zu der Aussage durch, man führe Gespräche mit Hoffenheim. Bin sehr gespannt, wie das weitergeht.