BVB - Taktik-Thread

20.01.2006 - 12:09 Uhr
BVB - Taktik-Thread |#4301
19.01.2020 - 11:24 Uhr
Taktik-Update Januar 2020:

Das Stürmer Problem wurde mit Haaland nun gelöst. Das gibt uns für die Zukunft viele neue Optionen und Möglichkeiten für unser Offensivspiel. Ebenso werden unsere Gegner gezwungen sein ihr Spiel zu ändern. Bin gespannt auf die nächsten Spiele wie sich das entwickelt.

Bleibt noch unsere größte Baustelle, das ZM um Witsel, Brandt, (Reus). So leid es mir für unseren Kapitän auch tut, aber das reicht einfach hinten und vorne nicht mehr um einen Platz in der Anfangsformation zu beanspruchen. Pressing, Passspiel, Ballan- und mitnahme, Torgefahr, Gedankenschnelligkeit.....das zieht sich alles schon über einen längeren Zeitraum und das schadet der Spielweise in hohem Maße. Er sollte die nächsten Spiele erstmal auf der Bank platznehmen.

Brandt wirkt engagiert und scheint sich auch langsam weiterzuentwickeln und das Offensivspiel anzukurbeln.

Witsel spielt das, was er kann. Bringt uns aber nicht wirklich voran, weil er niemand ist, der organisiert, dirigiert, Ordnung ins Defensivspiel bringt, die Balance zwischen Offensive und Defensive herstellt usw......

Die Augsburger haben von Beginn an versucht unsere Abwehrreihe vom Mittelfeld abzutrennen, standen teilweise mit einer Viererkette in vorderster Linie und haben dabei ständig Druck ausgeübt auf unsere IV. Dadurch wurden uns Risikopässe ins Zentrum aufgezwungen, was zu Fehlern verleiten sollte. Bei Augsburger Ballgewinnen wurde meist umgehend mit langen Pässen auf die vorne wartenden Spieler reagiert, was uns ein ums andere mal in Verlegenheit brachte.

Wir benötigen dringend ZMs, die laufstark, zweikampfstark, ballsicher, passicher, pressingresistent, technisch stark sind und eine gute Spielübersicht haben. Am Beispiel des gestrigen Spiels müssen unsere ZMs LAUFSTARK sein, um sich ständig als Anspielstation anzubieten. Die IV müssen die Pässe ins Zentrum hart durch die Angriffslinie des Gegners spielen, somit müssen die ZMs technisch sauber die Bälle annehmen und verarbeiten, dem sofortigen Pressing der Gegenspieler trotzen und mit guter Übersicht und sauberen Pässen die Offensivspieler einbringen.
-- sind die ZMs nicht anspielbar, haben unsere IV ein großes Problem, was schlußendlich zu Fehlern / Nervosität etc. führt
-- können die ZMs die harten Pässen nicht aufnehmen bzw. verspringen die Bälle --> Ballgewinn des Gegners, Steilpass, wieder haben unsere IV ein großes Problem
-- ZMs, die nicht pressingresistent sind spielen meist wieder zurück zu den IV oder dem TW und entziehen sich möglichen Zweikämpfen. Das Problem haben wieder die IV
-- ZMs ohne Spielübersicht können die Pässe aus der Defensive nicht durch Ideen mit den Offensivspielern verknüpfen, treffen flasche Entscheidungen oder spielen auch lieber wieder zurück zu den IV, schieben die Verantwortung weg und am Ende haben wie so oft die IV das große Problem.

Das sieht dann so aus wie gg Augsburg. Deswegen hoffe ich, dass wir diesen Winter noch einen ZM verpflichten.

Soweit meine persönliche Einschätzung zu unserer Taktik. Das könnte man noch viel weiter ausführen und sogar mit Beispielen belegen. Dafür bräuchte man bei Sky aber, wie bei der Formel1, einen zusätzlichen Sendeplatz je Spiel, wo eine Kamera das gesamte Spielfeld im Blick hat, z.B. Vogelperspektive.
BVB - Taktik-Thread |#4302
20.01.2020 - 12:43 Uhr
Ich bin echt gespannt mit welcher Aufstellung wir am Freitag spielen und ob wir vielleicht taktisch etwas variabler geworden sind. Im Post #4266 hatte ich bereits schonmal überlegt, ob die 3er Kette nicht eine bessere Rollenverteilung ermöglicht. Einiges spricht dafür: man hat eine Rolle für Zagadou, die Avs haben offensiv mehr Freiheiten und man kann Brandt und Reus in ihren besten Rollen spielen lassen. Nach einigen Spielen in dem System zeigen sich aber auch Probleme: Es ist schwer Haaland einzubinden, da man Reus Laufstärke braucht um das 2er Mittelfeld zu stärken; im Zentrum wird man auch sonst leicht überrannt; im Gegenpressing muss man weite Wege gehen und teilweise ist die Balance zwischen Absicherung und Vorrücken nicht leicht (Witsel); Spieler (besonders Hakimi, aber auch Sancho und Witsel) sind defensiv nicht stark genug bzw. teilweise nicht motiviert genug, um die 3er Kette zu supporten; einer aus Reus, Hazard, Sancho, Haaland muss auf die Bank...;
Favre hat im Endeffekt recht, dass eine Viererkette mehr Möglichkeiten für ein Topteam schafft - man braucht einfach eine Überzahl im Mittelfeld oder in der Offensive, um 66+% der Spiele zu gewinnen.

Neben der Frage welches System gespielt wird, stellt sich aber auch die Frage, welcher Stammspieler auf die Bank muss. Anhand einer kleinen Kaderanalyse würde ich gerne zeigen, dass es recht schwer ist ein passendes System zu finden und das es eigentlich immer Lücken gibt und fast immer zwei Stammspieler auf die Bank müssen. Schauen wir uns zunächst an welche Spieler auf jeden Fall starten sollten und auf welchen Positionen sie zuhause sind.

  • Bürki: eh klar
  • Hummels: kann in der IV links und zentral spielen. Zur Not vielleicht rechts. Er braucht aber einen agilen, schnellen Verteidiger an seiner Seite, der hinter im Ausputzen kann.
  • (Akanji): Wenn Hummels spielt ist meiner Meinung nach auch Akanji gesetzt, da er genau diese Fähigkeiten mitbringt. Individuelle Fehler machen ihn aber zum Wackelkandidaten. Aber wie ich schon in einem anderen Thread geschrieben habe, kommt meiner Meinung nach eigentlich nur Balerdi als Ersatz in Frage.
  • Zagadou: Sollte von seinem Leistungslevel eigentlich Stammspieler sein. Im 3-4-3 ist er das auch. In einer Viererkette passt er nicht zu Hummels und ist daher automatisch Hummes-Ersatz.
  • Guerreiro: Für mich unangefochten als LV oder LAV. Er ist sehr wichtig für unseren Spielaufbau und defensiv auch solide.
  • Hakimi: Es fehlt eigentlich die Alternative, da Piszscek langsam abbaut und Morey anscheinend noch nicht soweit ist. Dennoch macht er immer wieder Fehler oder arbeitet nicht mit zurück. Das geht soweit, dass er selbst als LAV mit Dreierkette eine Schwachstelle ist. Offensiv ist er aber ein Unterschiedsspieler und daher eigentlich gesetzt.
  • Witsel: Dreh und Angelpunkt als DM.
  • Brandt: Kreativspieler im ZM. Dort eigentlich auch nicht mehr wegzudenken.
  • Sancho: ganz klar gesetzt auf den Flügeln.
  • Reus: Starker Abschlusspieler, der zentral oder über die Flügel kommen kann. Letzteres eher ungern, aber vielleicht findet hier ein umdenken statt. Als Kapitän derzeit eher mit schwachen Leistungen, aber sehr laufstark und im Prinzip auch Torgefährlich (kommt gut in die Positionen, aber hatte gegen Augsburg Pech).
  • Hazard: Sehr wertvoller Spieler, da er im Prinzip alles gut kann, obwohl er nicht so heraussticht wie Sancho. Arbeitet gut mit zurück, kombiniert gut und geht die Läufe in die Tiefe. Sollte als Flügelsspieler gesetzt sein.
  • Haaland: Nach dem Augsburgspiel eigentlich auch gesetzt.
  • (Delaney): Wenn er von seiner Verletzung wiederkehrt auch ein Kandidat für die Startelf. Besonders, wenn man sich ansieht wie wir gegen Augsburg verteidigt haben bzw. teilweise überlaufen wurden.


Schulz, Piszscek, Dahoud, Morey, Balerdi, Raschl, Reyna, Bruun Larsen, Götze, Alcacer, Schmelzer, Hitz sind ganz klar Rotationsspieler, die von der Bank kommen sollten.

Wenn man sich das also anschaut, dann sieht das ca. so aus:


----------------------------------------------Bürki---------------------------------------
------------------------Akanji---------------Hummels----------(Zagadou)----------
Hakimi------------------------Witsel-------(Delaney)-------------------Guerreiro
------------------------------------------Brandt-------------------------------------------
Sancho--------------------------------(Reus)----------------------------------Hazard
------------------------------------------Haaland----------------------------------------

Das ist etwas verwirrend. Aber im Prinzip sind die Spieler, die ohne Klammer dastehen, gesetzt. Die Spieler in Klammern spielen meiner Meinung nach auf Positionen, die man variieren kann: Von diesen drei Spielern kann daher eigentlich nur einer spielen. Wenn man die Spieler trotzdem aufgrund ihrer Qualität einsetzen will, muss man sie positionsfremd einsetzen (z.b. Zagadou als IV Partner für Hummels oder Reus als Außenstürmer für Hazard).

Lässt man Reus (oder Hazard) raus ist das eigentlich kein Problem, da man entweder mit Dreierkette spielt oder Delaney als Defensivsspieler im Mittelfeld hat. Dadurch ist die Balance gewährleistet. Aber alles andere scheint mir zu offensiv. Ein 4-2-3-1/4-3-3 mit Reus&Brandt im Zentrum und Guerreiro&Hakimi als Außenverteidiger endet wahrscheinlich in einem Harakiri. Dafür müsste mind. einer der Spieler defensiv sehr viel stärker sein und auch Witsel müsste sich defensiv steigern. Aber wenn man das ausschließt, dann folgt daraus, dass entweder Reus, Hazard, oder Haaland von der Bank starten müssen. Das ist schon eine krasse Entscheidung!

Welches System man dann spielt ist meiner Meinung nachrelativ unwichtig. Ich skizziere mal zwei Optionen:

----------------------------------------------Bürki-----------------------------------------
-------------------Akanji---------------Hummels----------Zagadou-----------------
Hakimi-----------------------------------------Witsel-----------------------Guerreiro
-------------------------------------Brandt-----------------------------------------------
Sancho----------------------------------------------------------------------------X-----
------------------------------------------------X--------------------------------------------

Hier könnten Reus und Hazard spielen und Haaland kommt von der Bank.


----------------------------------------------Bürki-----------------------------------------
------------------------------Akanji-----------------Hummels--------------------------
Hakimi--------------------------Witsel-------Delaney----------------------Guerreiro
------------------------------------------Brandt-------------------------------------------
Sancho----------------------------------------------------------------------------X------
------------------------------------------Haaland-----------------------------------------

Hier würde Reus wahrscheinlich als LA spielen und Hazard kommt von der Bank. Vorne muss Haaland eigentlich gesetzt sein, da der Stürmer sich im 4-2-3-1 nicht so tief fallen lassen muss wie im 3-4-3.

Eigentlich verschiebt man also nur Zagadou/Delaney, sonst bleiben alle Spielerrollen gleich. Die Doppelsechs sehe ich nicht als eine Problemstelle, wenn sie von Spielern wir Brandt und Guerreiro flankiert wird. Die Dreierkette mit nur Brandt und Witsel im Zentrum ist ohne Reus als OM vielleicht etwas schwach im Mittelfeld, jedoch könnte man das trotzdem mal ausprobieren. Die Frage ist, wo Reus spielt, wenn seine Position wegfällt. Meiner Meinung nach ist er am besten als Außenstürmer im 4-2-3-1 oder als "Stürmer" im 3-4-3 geeignet. Dadurch wird zwar Hazard verdrängt, was er definitiv nicht verdient hat, aber dessen Polyvalenz macht es möglich, dass er als 12. Mann im Prinzip fast Stammspieler ist: Er kann links und rechts spielen. Er kann auch als LAV/RAV spielen. Dazu kann man situativ im 4-2-3-1 auch mal Delaney rausnehmen und Brandt rückt eins zurück, sodass vorne Platz für 4 Offensivspieler ist.

Neben taktischen Überlegungen, die hier auch ein paar Posts weiter oben diskutiert wurden, geben vor allen Dingen die Wechseloptionen dann den Ausschlag pro 4-2-3-1. Im 3-4-3 haben wir Probleme zu rotieren: Balerdi und Piszscek können einen IV Ausfall nicht kompensieren (bzw. haben das bisher nicht zeigen können); im ZM haben wir eigentlich nur Raschl, Dahoud und Delaney als Backups, wobei jeder noch Fragezeichen in Punkto Qualität hat; auf den Außen gibt es nur Reyna. Im 4-2-3-1 hingegen hat man mit Zagadou einen erstklassigen Backup und ein gutes Talent. Auf den Flügel hat man mit Hazard nochmal einen Spieler mit hoher Qualität, der ab der 60sten minute frischen Wind bringen kann. Dazu sind die Positionen im Dreiermittelfeld weniger anspruchsvoll, sodass ich mir vorstellen kann, dass Raschl und Dahoud hier bessere Alternativen wären. Brandt könnte auch zurückrücken, wenn man situativ offensiver spielen will. Auch für die 10er Position hat man mit Götze, Reus, Reyna bessere Optionen...und zuletzt hat man hier eine Position, die für Haaland besser passt. Das ist ein Faktor, den man kaum überschätzen kann.

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Dieser Beitrag wurde zuletzt von JonasJoffe am 20.01.2020 um 12:55 Uhr bearbeitet
BVB - Taktik-Thread |#4303
20.01.2020 - 17:31 Uhr
@JonasJoffe

Du kommst bis auf Piszczek unabhängig vom Spielsystem auf die gleichen Feldspieler, wie Favre sie immer wieder vorwiegend einsetzt (s. meinen kritischen Beitrag zur "Anti-Rotationstrategie" Favres im Favre-Thread).

Problematisch finde ich deinen lapidaren Satz als Konsequenz:
"Schulz, Piszscek, Dahoud, Morey, Balerdi, Raschl, Reyna, Bruun Larsen, Götze, Alcacer, Schmelzer, Hitz sind ganz klar Rotationsspieler, die von der Bank kommen sollten."

Taktische Erwägungen mit nur 12 bis 13 Feldspielern von 23 Feldspielern des Kaders im Blick wären nur dann zweckmäßig, wenn man mit diesen Spielern in drei Wettbewerben problemlos durchspielen könnte. Das ist aber nicht der Fall.

Zwar stimme ich mit deiner Einschätzung der Stärken und Schwächen der 12 bis 13 Spieler auf bestimmten Positionen im 4-2-3-1 und im 3-4-3 weitgehend überein, aber du nennst dann in deinen verschiedenen Aufstellungen (je nach System) nur die 12 bis 13 Stammspieler, etwaige Rotationsspieler kennzeichnest du jedoch nur mit dem Platzhalter "X".

Man merkt, dass dir das bewusst ist, weil du im Schlussabsatz die Rotationsspieler bzgl. ihrer Fähigkeiten kurz darstellst und eigentlich zu dem deprimierenden Ergebnis kommst, dass (noch) keiner von ihnen geeignet sei, einen der 12 bis 13 Stammspieler zu ersetzen (was man übrigens an anderer Stelle diskutieren könnte, denn für so eindeutig halte ich das nicht).

Das Grundproblem ist demnach mMn, taktische Erwägungen mit mehr als 12-13 Feldspielern, also mit den Fähigkeiten der für die Dreierbelastung nötigen mindestens 15 Feldspieler einigermaßen in Einklang zu bringen.

Wenn ich viel Zeit habe, kommt da von mir vielleicht etwas, bin aber pessimistisch, u.a. deshalb weil ich im Gegensatz zu Favre für eine solche Arbeit nicht fürstlich, sondern gar nicht bezahlt werde.

•     •     •

Ich kann freilich nicht sagen, ob es besser werden wird, wenn es anders wird; 
aber soviel kann ich sagen, es muß anders werden, wenn es gut werden soll.
Georg Christoph Lichtenberg
BVB - Taktik-Thread |#4304
21.01.2020 - 13:05 Uhr
Zitat von arche
@JonasJoffe

Du kommst bis auf Piszczek unabhängig vom Spielsystem auf die gleichen Feldspieler, wie Favre sie immer wieder vorwiegend einsetzt (s. meinen kritischen Beitrag zur "Anti-Rotationstrategie" Favres im Favre-Thread).

Problematisch finde ich deinen lapidaren Satz als Konsequenz:
"Schulz, Piszscek, Dahoud, Morey, Balerdi, Raschl, Reyna, Bruun Larsen, Götze, Alcacer, Schmelzer, Hitz sind ganz klar Rotationsspieler, die von der Bank kommen sollten."

Taktische Erwägungen mit nur 12 bis 13 Feldspielern von 23 Feldspielern des Kaders im Blick wären nur dann zweckmäßig, wenn man mit diesen Spielern in drei Wettbewerben problemlos durchspielen könnte. Das ist aber nicht der Fall.

.....


Das sollte nicht bedeuten, dass diese Spieler keine Einsätzzeiten bekommen sollen. Ich denke sogar, dass man sie auch wechselweise in die Startelf rotieren sollte, um genügend Power für die ganze Rückrunde zu haben. Jedoch ging es mir darum zu überlegen, welcher der 12-13 Spieler, denen Favre vertraut aus der Startelf fällt und welches System man spielen sollte, um die 10 wichtigsten Spieler auf den richtigen Positionen zu haben. Die Grundidee ist hier, dass es relativ egal ist, ob man 3-4-3, 4-2-3-1, 4-1-2-3 usw. spielt, sondern dass es darauf ankommt, dass Brandt zentral agiert und viele Optionen und Wege um sich herum hat, Guerreiro sicht in den Spielaufbau einbinden kann, Haaland sich nicht zu viel in den Zehnerraum fallen lassen muss, Sancho und Hakimi in Situationen kommen, wo sie etwas Platz haben, Reus als zweiter Abschlusspieler in den Strafraum stößt, usw... Daher habe ich diese "wichtigsten Spieler" herausgepickt.

Ein weiterer Schritt wäre zu überlegen, in welchem System alle Spieler möglichst Einsatzchancen haben oder wie die Talente möglichst viele Einsatzchancen haben. Da ich jedoch weder weiß, wie man genau plant (Bruun Larsen, Götze, Alcacer) oder wie gut diese Talente wirklich schon sind (Balerdi, Morey, Raschl) ist mir das derzeit zu spekulativ. Tendenziell würde ich aber sagen, dass sich eher die Spieler 12-19 in die Rollen einfügen müssen, als die Spieler 1-11...

Dass heißt aber nicht, dass ich die Anti-Rotationsstrategie gut finde. Jedoch denke ich, dass man leichter Nachvollziehen kann, warum so wenig rotiert wird, wenn man sich die Spieler 11-19 anschaut.

•     •     •


BVB - Taktik-Thread |#4305
24.01.2020 - 13:54 Uhr
Zitat von JonasJoffe
Zitat von arche

@JonasJoffe

Du kommst bis auf Piszczek unabhängig vom Spielsystem auf die gleichen Feldspieler, wie Favre sie immer wieder vorwiegend einsetzt (s. meinen kritischen Beitrag zur "Anti-Rotationstrategie" Favres im Favre-Thread).

Problematisch finde ich deinen lapidaren Satz als Konsequenz:
"Schulz, Piszscek, Dahoud, Morey, Balerdi, Raschl, Reyna, Bruun Larsen, Götze, Alcacer, Schmelzer, Hitz sind ganz klar Rotationsspieler, die von der Bank kommen sollten."

Taktische Erwägungen mit nur 12 bis 13 Feldspielern von 23 Feldspielern des Kaders im Blick wären nur dann zweckmäßig, wenn man mit diesen Spielern in drei Wettbewerben problemlos durchspielen könnte. Das ist aber nicht der Fall.

.....


Das sollte nicht bedeuten, dass diese Spieler keine Einsätzzeiten bekommen sollen. Ich denke sogar, dass man sie auch wechselweise in die Startelf rotieren sollte, um genügend Power für die ganze Rückrunde zu haben. Jedoch ging es mir darum zu überlegen, welcher der 12-13 Spieler, denen Favre vertraut aus der Startelf fällt und welches System man spielen sollte, um die 10 wichtigsten Spieler auf den richtigen Positionen zu haben. Die Grundidee ist hier, dass es relativ egal ist, ob man 3-4-3, 4-2-3-1, 4-1-2-3 usw. spielt, sondern dass es darauf ankommt, dass Brandt zentral agiert und viele Optionen und Wege um sich herum hat, Guerreiro sicht in den Spielaufbau einbinden kann, Haaland sich nicht zu viel in den Zehnerraum fallen lassen muss, Sancho und Hakimi in Situationen kommen, wo sie etwas Platz haben, Reus als zweiter Abschlusspieler in den Strafraum stößt, usw... Daher habe ich diese "wichtigsten Spieler" herausgepickt.

Ein weiterer Schritt wäre zu überlegen, in welchem System alle Spieler möglichst Einsatzchancen haben oder wie die Talente möglichst viele Einsatzchancen haben. Da ich jedoch weder weiß, wie man genau plant (Bruun Larsen, Götze, Alcacer) oder wie gut diese Talente wirklich schon sind (Balerdi, Morey, Raschl) ist mir das derzeit zu spekulativ. Tendenziell würde ich aber sagen, dass sich eher die Spieler 12-19 in die Rollen einfügen müssen, als die Spieler 1-11...

Dass heißt aber nicht, dass ich die Anti-Rotationsstrategie gut finde. Jedoch denke ich, dass man leichter Nachvollziehen kann, warum so wenig rotiert wird, wenn man sich die Spieler 11-19 anschaut.


Auch wenn ich deinem letzten Satz - Stand jetzt - zustimme, frage ich eben, ob die Spieler 11-19 nicht auch deshalb von uns als nicht ganz gleichwertiger Ersatz oder sogar als sehr weit weg von einem Einsatz eingeschätzt werden, weil sie eben wegen mangelnder Rotation gar kein Standing aufbauen konnten und wir sie eben seltener, kaum oder auch gar nicht im Spiel gesehen haben und deshalb im beobachtungsarmen Raum heftig spekulieren müssen, wie stark oder schwach denn Spieler X oder Y wären (!), würden sie tatsächlich genügend Einsatzminuten bekommen, um sich nachhaltig (!) zu zeigen.

Da du deinen Schwerpunkt bei der Setzung der 10 wichtigsten Spieler rein auf die Offensive legst (Brandt, Guerreiro, Haaland, Sancho, Hakimi, Reus) ließe sich ein wenig polemisch fragen, wer denn bitte noch verteidigen soll, zumal du eine konstant gut spielenden Offensivkraft, nämlich Hazard, nicht einmal erwähnst und dennoch schon auf 6 Spieler kommst. Fakt ist aber, und hier stimmt diese leidige Redewendung tatsächlich einmal, dass der BVB (auch ohne Haaland und ohne Alcácer) kaum Probleme mit dem Toreschießen, aber enorme Probleme mit der Torverhinderung hat. Mit 46 Toren hat der BVB zur Zeit die drittbeste Offensivleistung der BL, verfügt aber mit 27 Gegentoren nur über die achtbeste Defensivleistung (übrigens gemeinsam mit Union Berlin) und steht deshalb (sogar noch ziemlich passabel) auf dem 4. Platz.

Deshalb sollte der BVB taktische Probleme aus Sicht der Defensive, die vorne beginnt, reflektieren und wir hier im Forum auch.

Bisher krankt jedoch die gesamte defensivtaktische Diskussion daran, dass wir nicht wissen, auf welchem Niveau die Talente Balerdi, Morey, aber auch z.B. Raschl (das DM/ZM hat ja nun auch defensive Aufgaben) spielen können. Wir wissen ja nicht einmal, wie Götze im OM oder auf RA (ja, ja, ich weiß, seit Sancho und Hazard denken alle beim RA an Dribbelkünste, man kann den RA aber auch ganz anders spielen) offensiv und (!) defensiv wirken würde, weil er bei seinen 16 Einsätzen 12-mal positionsfremd als MS und nur 4-Mal als OM (zusammen 86 Min. lang) eingesetzt wurde. Bei Götze, Dahoud und Bruun Larsen können wir uns in der Diskussion immerhin auf vergangene Leistungen beziehen, was wir selbst bzgl. Alcácer tun müssen, sofern er, während ich hier schreibe, überhaupt noch BVB-Spieler ist, denn Alcácer spielt seit dem 6. Spieltag, also weit vor der Verpflichtung von Haaland , keine nennenswerte Rolle mehr beim BVB. Ob allerdings die Extrapolation im Fußball ein sinnvolles Verfahren ist, möchte ich grundsätzlich bezweifeln.

Interessanterweise wird ohnehin bei der Beurteilung der Defensive die defensive Arbeit von MS, OM, RA, LA und ZM/DM mMn überhaupt nicht scharf genug kritisiert. Im Spiel gegen Augsburg haben wir dreimal den Ball im BVB-Netz zappeln sehen, bevor die Wende gegen schnell müder werdende Augsburger gelang. Was Sancho, Reus, Hazard, Brandt und Witsel an Defensivleistung gebracht haben, war nicht bundesligatauglich, ja nahezu erschreckend. Dazu gesellten sich zwei Schienenspieler - Hakimi und Guerreiro -, die anscheinend vergessen hatten, dass die 3er-Kette defensiv zur 5er-Kette zu werden hat. Was Hakimi defensiv geleistet hat, war insgesamt verstörend, Guerreiro ist auch kaum über die Leistung von Sancho, Reus und Co. hinausgekommen.

Stellt man sich demnach Hakimi und Guerreiro als klassische AV in einer Viererkette im 4-2-3-1 vor, sind Bedenken mehr als angebracht, v.a. in den ersten 60-70 Minuten eines Spiels. Schulz, den wir wegen seiner etwas über 1000 Min. Einsatzzeit ein wenig besser beurteilen können, scheint als klassischer LV auch keine Alternative zu sein.

Deshalb scheint mir eine Rückkehr zum 4-2-3-1, mit der Favre offensichtlich liebäugelt, solange Zagadou noch nicht wieder einsatzbereit ist, doch sehr risikoreich zu sein. Im 3-4-3 aber müsste endlich Balerdi eine Option sein, was von Favre aber mit dem lauen und, wie ich finde, wenig glaubwürdigen Hinweis, Balerdi müsse sich noch an das BL-Tempo gewöhnen (nach über einem Jahr BVB-Zugehörigkeit (!)), bereits abgeschmettert wurde.

Piszczek scheint in seiner letzten oder vorletzten BVB-Saison sowohl als RV in der 4er-Kette als auch als IV in der 3er-Kette nur noch in Ansätzen auf das nötige Niveau zu kommen.

Trotz dieser Probleme bei den Defensivkräften, geht es aber mMn taktisch viel mehr um eine Sicherung guter Defensivleistung der jeweils anderen 6 oder 7 Spieler. Diese Defensivleistung kann aber nur gesteigert werden, wenn die nach rückwärts gerichtete Laufleistung bei gegnerischen Angriffen, das Pressing und Gegenpressing zur Unterbindung dieser Angriffe und damit das gemeinschaftliche Verschieben eines kompakten "Mannschaftskörpers" ohne zu große Abstände zwischen den Mannschaftsteilen gelingt. Symptomatisch für eine schlechte Defensivleistung nahezu der gesamten BVB-Mannschaft waren das 2:0 und das 3:1 für Augsburg. Beim 2:0 war der BVB nicht nur wegen des missratenen Abwehrkopfballs von Akanji in einer schwierigen Lage, sondern weil mit einem Torwartabstoß 7 BVB-Spieler auf einen Schlag überspielt waren, weil die gesamte Mannschaft zu hoch stand. Der Sonntagsschuss von Richter - geschenkt (obwohl Bürki ebenso wie 7 BVB-Spieler im Traummodus war, denn so weit vor dem Tor und dazu noch zu stark in Richtung des linken Pfostens hätte er nicht positioniert sein müssen). Beim dritten Tor der Augsburger kann man v.a. das zögerliche oder unkoordinierte Rücklaufverhalten von Hakimi und Guerreiro bestaunen, aber auch das kaum orientierte Rücklaufen von Witsel.

Kurz: Wenn es der BVB im 3-4-3, aber auch im 4-2-3-1, was ich wegen der Außenverteidigerproblematik momentan noch weniger gern sehen würde, nicht schafft, defensiv kompakter, also mit der gesamten Mannschaft zu verteidigen, dann wird er dazu verdammt sein, weiterhin sehr viele Tore zu schießen, um die schwache Defensivleistung auszugleichen. Ich möchte die 3er-/5er oder die 4er-Kette in der letzten Verteidigungslinie nicht pauschal in Schutz nehmen - die beiden Niederlechner-Tore waren eben auch ein Offenbarungseid aller IV und von Hakimi -, aber wenn Hummels nicht wie von vielen erwartet, die letzte Abwehrkette stabilisieren kann, Akanji sich weiter als Fehlerquelle erweist (obwohl er wegen seines Tempos hinten nötig ist), Piszczek die ehemalige Leistung nicht mehr auf den Platz bringen kann usw. usw., dann ist es doch umso wichtiger, dass vom MS bis zum DM die Bereitschaft gesteigert wird, gegen den Ball und nach hinten zu arbeiten. Wahrscheinlich wird die letzte Abwehrkette auch wieder stabiler, wenn deren Spieler den Eindruck gewinnen, dass weniger Konter und konterähnliche Spielzüge ungebremst auf sie zurollen, weil ihre Mitspieler sich den gegnerischen Angriffen deutlich klarer und einsatzfreudiger entgegenstellen und sich auch nicht zu schade sind, bis zum eigenen 16er zurückzulaufen.

Wenn Favre und der Kader mit mehr gezielter Rotation keine kompaktere, robustere und lauffreudigere Defensivarbeit der gesamten Mannschaft aufziehen können, dann könnte sogar das Saisonziel CL-Platz in Gefahr geraten, denn darauf zu setzen, das vorne immer mehr Tore geschossen werden als die zahlreichen Gegentore, die der BVB nicht verhindern will oder kann, ist eine äußerst risikoreiche Wette.

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Ich kann freilich nicht sagen, ob es besser werden wird, wenn es anders wird; 
aber soviel kann ich sagen, es muß anders werden, wenn es gut werden soll.
Georg Christoph Lichtenberg
BVB - Taktik-Thread |#4306
24.01.2020 - 14:35 Uhr
Zitat von arche

Zitat von JonasJoffe

Zitat von arche

@JonasJoffe

Du kommst bis auf Piszczek unabhängig vom Spielsystem auf die gleichen Feldspieler, wie Favre sie immer wieder vorwiegend einsetzt (s. meinen kritischen Beitrag zur "Anti-Rotationstrategie" Favres im Favre-Thread).

Problematisch finde ich deinen lapidaren Satz als Konsequenz:
"Schulz, Piszscek, Dahoud, Morey, Balerdi, Raschl, Reyna, Bruun Larsen, Götze, Alcacer, Schmelzer, Hitz sind ganz klar Rotationsspieler, die von der Bank kommen sollten."

Taktische Erwägungen mit nur 12 bis 13 Feldspielern von 23 Feldspielern des Kaders im Blick wären nur dann zweckmäßig, wenn man mit diesen Spielern in drei Wettbewerben problemlos durchspielen könnte. Das ist aber nicht der Fall.

.....


Das sollte nicht bedeuten, dass diese Spieler keine Einsätzzeiten bekommen sollen. Ich denke sogar, dass man sie auch wechselweise in die Startelf rotieren sollte, um genügend Power für die ganze Rückrunde zu haben. Jedoch ging es mir darum zu überlegen, welcher der 12-13 Spieler, denen Favre vertraut aus der Startelf fällt und welches System man spielen sollte, um die 10 wichtigsten Spieler auf den richtigen Positionen zu haben. Die Grundidee ist hier, dass es relativ egal ist, ob man 3-4-3, 4-2-3-1, 4-1-2-3 usw. spielt, sondern dass es darauf ankommt, dass Brandt zentral agiert und viele Optionen und Wege um sich herum hat, Guerreiro sicht in den Spielaufbau einbinden kann, Haaland sich nicht zu viel in den Zehnerraum fallen lassen muss, Sancho und Hakimi in Situationen kommen, wo sie etwas Platz haben, Reus als zweiter Abschlusspieler in den Strafraum stößt, usw... Daher habe ich diese "wichtigsten Spieler" herausgepickt.

Ein weiterer Schritt wäre zu überlegen, in welchem System alle Spieler möglichst Einsatzchancen haben oder wie die Talente möglichst viele Einsatzchancen haben. Da ich jedoch weder weiß, wie man genau plant (Bruun Larsen, Götze, Alcacer) oder wie gut diese Talente wirklich schon sind (Balerdi, Morey, Raschl) ist mir das derzeit zu spekulativ. Tendenziell würde ich aber sagen, dass sich eher die Spieler 12-19 in die Rollen einfügen müssen, als die Spieler 1-11...

Dass heißt aber nicht, dass ich die Anti-Rotationsstrategie gut finde. Jedoch denke ich, dass man leichter Nachvollziehen kann, warum so wenig rotiert wird, wenn man sich die Spieler 11-19 anschaut.


Auch wenn ich deinem letzten Satz - Stand jetzt - zustimme, frage ich eben, ob die Spieler 11-19 nicht auch deshalb von uns als nicht ganz gleichwertiger Ersatz oder sogar als sehr weit weg von einem Einsatz eingeschätzt werden, weil sie eben wegen mangelnder Rotation gar kein Standing aufbauen konnten und wir sie eben seltener, kaum oder auch gar nicht im Spiel gesehen haben und deshalb im beobachtungsarmen Raum heftig spekulieren müssen, wie stark oder schwach denn Spieler X oder Y wären (!), würden sie tatsächlich genügend Einsatzminuten bekommen, um sich nachhaltig (!) zu zeigen.

Da du deinen Schwerpunkt bei der Setzung der 10 wichtigsten Spieler rein auf die Offensive legst (Brandt, Guerreiro, Haaland, Sancho, Hakimi, Reus) ließe sich ein wenig polemisch fragen, wer denn bitte noch verteidigen soll, zumal du eine konstant gut spielenden Offensivkraft, nämlich Hazard, nicht einmal erwähnst und dennoch schon auf 6 Spieler kommst. Fakt ist aber, und hier stimmt diese leidige Redewendung tatsächlich einmal, dass der BVB (auch ohne Haaland und ohne Alcácer) kaum Probleme mit dem Toreschießen, aber enorme Probleme mit der Torverhinderung hat. Mit 46 Toren hat der BVB zur Zeit die drittbeste Offensivleistung der BL, verfügt aber mit 27 Gegentoren nur über die achtbeste Defensivleistung (übrigens gemeinsam mit Union Berlin) und steht deshalb (sogar noch ziemlich passabel) auf dem 4. Platz.

Deshalb sollte der BVB taktische Probleme aus Sicht der Defensive, die vorne beginnt, reflektieren und wir hier im Forum auch.

Bisher krankt jedoch die gesamte defensivtaktische Diskussion daran, dass wir nicht wissen, auf welchem Niveau die Talente Balerdi, Morey, aber auch z.B. Raschl (das DM/ZM hat ja nun auch defensive Aufgaben) spielen können. Wir wissen ja nicht einmal, wie Götze im OM oder auf RA (ja, ja, ich weiß, seit Sancho und Hazard denken alle beim RA an Dribbelkünste, man kann den RA aber auch ganz anders spielen) offensiv und (!) defensiv wirken würde, weil er bei seinen 16 Einsätzen 12-mal positionsfremd als MS und nur 4-Mal als OM (zusammen 86 Min. lang) eingesetzt wurde. Bei Götze, Dahoud und Bruun Larsen können wir uns in der Diskussion immerhin auf vergangene Leistungen beziehen, was wir selbst bzgl. Alcácer tun müssen, sofern er, während ich hier schreibe, überhaupt noch BVB-Spieler ist, denn Alcácer spielt seit dem 6. Spieltag, also weit vor der Verpflichtung von Haaland , keine nennenswerte Rolle mehr beim BVB. Ob allerdings die Extrapolation im Fußball ein sinnvolles Verfahren ist, möchte ich grundsätzlich bezweifeln.

Interessanterweise wird ohnehin bei der Beurteilung der Defensive die defensive Arbeit von MS, OM, RA, LA und ZM/DM mMn überhaupt nicht scharf genug kritisiert. Im Spiel gegen Augsburg haben wir dreimal den Ball im BVB-Netz zappeln sehen, bevor die Wende gegen schnell müder werdende Augsburger gelang. Was Sancho, Reus, Hazard, Brandt und Witsel an Defensivleistung gebracht haben, war nicht bundesligatauglich, ja nahezu erschreckend. Dazu gesellten sich zwei Schienenspieler - Hakimi und Guerreiro -, die anscheinend vergessen hatten, dass die 3er-Kette defensiv zur 5er-Kette zu werden hat. Was Hakimi defensiv geleistet hat, war insgesamt verstörend, Guerreiro ist auch kaum über die Leistung von Sancho, Reus und Co. hinausgekommen.

Stellt man sich demnach Hakimi und Guerreiro als klassische AV in einer Viererkette im 4-2-3-1 vor, sind Bedenken mehr als angebracht, v.a. in den ersten 60-70 Minuten eines Spiels. Schulz, den wir wegen seiner etwas über 1000 Min. Einsatzzeit ein wenig besser beurteilen können, scheint als klassischer LV auch keine Alternative zu sein.

Deshalb scheint mir eine Rückkehr zum 4-2-3-1, mit der Favre offensichtlich liebäugelt, solange Zagadou noch nicht wieder einsatzbereit ist, doch sehr risikoreich zu sein. Im 3-4-3 aber müsste endlich Balerdi eine Option sein, was von Favre aber mit dem lauen und, wie ich finde, wenig glaubwürdigen Hinweis, Balerdi müsse sich noch an das BL-Tempo gewöhnen (nach über einem Jahr BVB-Zugehörigkeit (!)), bereits abgeschmettert wurde.

Piszczek scheint in seiner letzten oder vorletzten BVB-Saison sowohl als RV in der 4er-Kette als auch als IV in der 3er-Kette nur noch in Ansätzen auf das nötige Niveau zu kommen.

Trotz dieser Probleme bei den Defensivkräften, geht es aber mMn taktisch viel mehr um eine Sicherung guter Defensivleistung der jeweils anderen 6 oder 7 Spieler. Diese Defensivleistung kann aber nur gesteigert werden, wenn die nach rückwärts gerichtete Laufleistung bei gegnerischen Angriffen, das Pressing und Gegenpressing zur Unterbindung dieser Angriffe und damit das gemeinschaftliche Verschieben eines kompakten "Mannschaftskörpers" ohne zu große Abstände zwischen den Mannschaftsteilen gelingt. Symptomatisch für eine schlechte Defensivleistung nahezu der gesamten BVB-Mannschaft waren das 2:0 und das 3:1 für Augsburg. Beim 2:0 war der BVB nicht nur wegen des missratenen Abwehrkopfballs von Akanji in einer schwierigen Lage, sondern weil mit einem Torwartabstoß 7 BVB-Spieler auf einen Schlag überspielt waren, weil die gesamte Mannschaft zu hoch stand. Der Sonntagsschuss von Richter - geschenkt (obwohl Bürki ebenso wie 7 BVB-Spieler im Traummodus war, denn so weit vor dem Tor und dazu noch zu stark in Richtung des linken Pfostens hätte er nicht positioniert sein müssen). Beim dritten Tor der Augsburger kann man v.a. das zögerliche oder unkoordinierte Rücklaufverhalten von Hakimi und Guerreiro bestaunen, aber auch das kaum orientierte Rücklaufen von Witsel.

Kurz: Wenn es der BVB im 3-4-3, aber auch im 4-2-3-1, was ich wegen der Außenverteidigerproblematik momentan noch weniger gern sehen würde, nicht schafft, defensiv kompakter, also mit der gesamten Mannschaft zu verteidigen, dann wird er dazu verdammt sein, weiterhin sehr viele Tore zu schießen, um die schwache Defensivleistung auszugleichen. Ich möchte die 3er-/5er oder die 4er-Kette in der letzten Verteidigungslinie nicht pauschal in Schutz nehmen - die beiden Niederlechner-Tore waren eben auch ein Offenbarungseid aller IV und von Hakimi -, aber wenn Hummels nicht wie von vielen erwartet, die letzte Abwehrkette stabilisieren kann, Akanji sich weiter als Fehlerquelle erweist (obwohl er wegen seines Tempos hinten nötig ist), Piszczek die ehemalige Leistung nicht mehr auf den Platz bringen kann usw. usw., dann ist es doch umso wichtiger, dass vom MS bis zum DM die Bereitschaft gesteigert wird, gegen den Ball und nach hinten zu arbeiten. Wahrscheinlich wird die letzte Abwehrkette auch wieder stabiler, wenn deren Spieler den Eindruck gewinnen, dass weniger Konter und konterähnliche Spielzüge ungebremst auf sie zurollen, weil ihre Mitspieler sich den gegnerischen Angriffen deutlich klarer und einsatzfreudiger entgegenstellen und sich auch nicht zu schade sind, bis zum eigenen 16er zurückzulaufen.

Wenn Favre und der Kader mit mehr gezielter Rotation keine kompaktere, robustere und lauffreudigere Defensivarbeit der gesamten Mannschaft aufziehen können, dann könnte sogar das Saisonziel CL-Platz in Gefahr geraten, denn darauf zu setzen, das vorne immer mehr Tore geschossen werden als die zahlreichen Gegentore, die der BVB nicht verhindern will oder kann, ist eine äußerst risikoreiche Wette.


Ich gebe dir vollumfänglich Recht, allerdings ziehst du jetzt das Thema von der anderen Seite auf, was irgendwie dann auch wieder zu einseitig ist. Denn die Tore gegen Augsburg wären - wie nicht wenige zuvor schon - zu verhindern gewesen, wenn die Strukturen im Ballbesitz einfach viel sicherer wären. Allein der Abspielfehler von Hazard zeigt in meinen Augen ein riesen Dilemma, das es genauso zu bekämpfen gilt, wie die nachlässige Rückwärtsbewegung, zumal hier eben auch ein Zusammenhang besteht.

Wir geben Hazard, als er von 3 Augsburgern getrappt wird, keine aggressiven Optionen, um die Augsburger in die Defensive zu zwingen. Dabei geht es noch nicht mal zwingend darum, dass Hazard selbst 1gg1 die Linie lang soll, um dann direkt Druck auf die Kette auszuführen, sondern erst mal darum, welche Laufbewegungen der Rest macht. Das betrifft Witsel, Hakimi, Reus und die komplette Kette. Da ist jeder Spieler nur darauf aus, dass der Ball gesichert wird. Hakimi macht nach seinem Anspiel sogar ein paar Schritte zurück, um wieder anspielbar zu werden, obwohl Piszczek hier genauso gut höher hätte stehen können, um diesen Raum zu übernehmen. Witsel und Reus hätte an der Linie jede Menge Platz, um einen Lauf in die Tiefe zu machen, so wie Augsburg drauf geht. Auch Hakimi kann durchlaufen und hätte freies Feld gehabt, wenn er mit so viel Anlauf kommt - dann hätte Augsburg dieselbe Spielsituation in der Defensive, die sie von uns in der Offensive direkt danach bekommen hätten. Dadurch hätte Hazard eine Anspielstation nach vorne, was im Zweifel immer noch ein besserer Ballverlust wäre. Ein Ballverlust der ziemlich unwahrscheinlich wäre. Macht man hier nochmal ein Standbild, dann sieht man jedenfalls, dass statt einer 2gg3 Unterzahl auch eine 2gg1 Überzahl von Reus und Witsel gegen den Augsburger LIV möglich gewesen wäre, wenn sie den Lauf zur Linie machen.

Das hat teils etwas mit Können zu tun (Witsel macht diese Läufe zwar immer mal wieder, aber nicht konstant und Reus lauert lieber mit Läufen in die Abschlusspositionen, was mir mittlerweile auch den Eindruck vermittelt, dass er niemanden auf die Idee bringen will, dass Außenposition eigentlich doch besser für ihn wäre), teils aber auch mit taktischen Zwängen. Wir bleiben schließlich im Ballbesitz, obwohl sich durch Augsburgs Überzahl und Positionsspiel freie Spieler finden lassen, viel zu passiv in Positionen, in denen wir bestenfalls den Ball sichern, solange wir keine Fehler machen. Wir machen aber Fehler, die für mich aber eine Folge der Fehlervermeidungsversuche sind. Da ist Druck auf dem Kessel, der zu immer noch mehr Druck führt, dass man ja keinen Fehler macht und dann doch steigt, wenn der Fehler dann passiert. Das darf man daher auch gerne als Kritik an Favre verstehen, der die Ketten von der Mannschaft eben nicht konsequent löst und völlig überrascht wirkt, dass die Mannschaft Fussball spielen kann, wenn sie denn muss und der Gegner halbwegs mitspielt.

Wir machen es auf diese Weise jedenfalls allein in der Szene Augsburg viel zu einfach den BVB zu pressen, weil überhaupt kein Zug da ist, um Augsburg in eine Defensivbewegung zu zwingen, mit der sie überlegen müssen, ob sie überhaupt mit 3 Mann zustellen. Bei uns bleiben - auch bedingt durch die 3er Kette, weswegen diese in meinen Augen gescheitert und eben nicht stabiler ist - zu viele Spieler im Ballbesitz passiv (Witsel, Hakimi und Reus bleiben in Räumen, die Raumverlust bedeuten oder in denen sie trotz allem nicht so einfach anzuspielen sind, weil sie - wenn der Pass kommt - sofort wieder isoliert sind, als Folge der Überzahl in der eigenen Kette), wollen keinen Ball aktiv haben - mit einigen Ausnahmen -, gehen nicht genug in Räume, die den Gegner dazu zwingen, dass er sich selbst aushebelt, wenn er sich zum Pressing entscheidet und haben damit auch in die Tiefe viel zu wenig Läufe, sofern wir nicht gerade kontern und auf einen offenen Gegner hoffen oder unbedingt müssen, weil der Spielstand es verlangt. Für mich funktioniert das nicht, wir bewegen einen Gegner so nicht ausreichend und beim kleinsten Fehler muss die Defensivbewegung so sitzen.

Diese funktioniert aber nach demselben Muster, indem vermeintliche Sicherheit großgeschrieben wird. Wir gehen nach Ballverlust jedenfalls nicht sofort so aggressiv drauf - stehen häufig auch nicht gut genug dafür, weil wir im Ballbesitz nicht nur nicht konsequent die Läufe machen, sondern auch versuchen uns dem Gegner zu entziehen, anstatt unter Druck Lösungen zu finden, 1gg1 zu gehen und damit die Statik des Gegners kollabieren lassen, was eigentlich nur Sancho und Brandt ausreichend machen, aber auch nicht ohne Fehler können, weil es auch vom Gegner erwartet wird, dass sie es machen -, sondern versuchen uns zurückzuziehen, um dann wieder aus einer kompakten Überzahl die Bälle zu erobern. Das funktioniert nur nicht, was man meines Erachtens auch genau an dem Fehler gut sieht, da es nicht nur um individuelle Fähigkeiten und Einstellung geht. Augsburgs Spieler stehen auf jeder Position eben nicht nur zwischen eigenem Tor und Gegenspieler, sondern oft genug vor unseren Spielern (siehe obigen Link), mit wahnsinnig viel Platz zwischen Kette und DM des BVB. Dadurch haben sie eben allein durch die Statik in dieser Pressingfalle einen Vorsprung von 2-3m, bevor sie überhaupt den Ball gewinnen. Sie lassen also bei Ballbesitz BVB bewusst die Läufe in die Tiefe zu, weil sie gar nicht so sehr darauf hoffen müssen, dass der BVB diese in so einer Spielsituation gar nicht erst macht.

Aus Favres Passivität - die aber auch von den Spielern mitgetragen, wenn nicht sogar in manchen Fällen bevorzugt wird -, in fast allen Lebenslagen, wird so ein taktischer Vorteil für Augsburg, für den sie gar nicht so wahnsinnig viel tun müssen, außer diszipliniert zu agieren - was sie später nicht mehr schafften, auch weil der BVB eben die Läufe in die Tiefe machte und dadurch mehrere Tore erzielte. Wir hatten nach der Systemumstellung Augsburg dort, wo wir sie haben wollen sollten, aber wo wir sie davor zu keiner Zeit hatten. Nicht wegen des MS, sondern weil wir endlich die Läufe in die Tiefe gemacht haben und die Pässe dann auch dafür gespielt haben. Dazu ist Augsburg dann auch im Pressing müder geworden, was sicher ein Glück war, aber gegen bessere Gegner haben wir das alles auch schon so oder so ähnlich gesehen und da kommen wir bei 3 Gegentoren eben nicht mehr zurück. Für mich reicht es aber, um zum Ende zu kommen, daher nicht, dass man die Defensivbewegung hier isoliert betrachtet, sondern es fängt alles schon mit Ballbesitz an. Das Hazard Gegentor ist das beste Beispiel, aber auch anhand der anderen Gegentore lässt sich das sehr ähnlich skizzieren, weil Augsburg hier bei allen Toren im Grunde dieselben Bewegungsmuster - manchmal nur seitenverkehrt - lief, sodass man den klaren Plan dahinter erkennen kann - gut also, dass sie nicht viel mehr als diesen hatten ...
Dieser Beitrag wurde zuletzt von BVBBC am 24.01.2020 um 14:39 Uhr bearbeitet
BVB - Taktik-Thread |#4307
24.01.2020 - 21:06 Uhr
Zitat von BVBBC
Zitat von arche

Zitat von JonasJoffe

Zitat von arche

@JonasJoffe

Du kommst bis auf Piszczek unabhängig vom Spielsystem auf die gleichen Feldspieler, wie Favre sie immer wieder vorwiegend einsetzt (s. meinen kritischen Beitrag zur "Anti-Rotationstrategie" Favres im Favre-Thread).

Problematisch finde ich deinen lapidaren Satz als Konsequenz:
"Schulz, Piszscek, Dahoud, Morey, Balerdi, Raschl, Reyna, Bruun Larsen, Götze, Alcacer, Schmelzer, Hitz sind ganz klar Rotationsspieler, die von der Bank kommen sollten."

Taktische Erwägungen mit nur 12 bis 13 Feldspielern von 23 Feldspielern des Kaders im Blick wären nur dann zweckmäßig, wenn man mit diesen Spielern in drei Wettbewerben problemlos durchspielen könnte. Das ist aber nicht der Fall.

.....


Das sollte nicht bedeuten, dass diese Spieler keine Einsätzzeiten bekommen sollen. Ich denke sogar, dass man sie auch wechselweise in die Startelf rotieren sollte, um genügend Power für die ganze Rückrunde zu haben. Jedoch ging es mir darum zu überlegen, welcher der 12-13 Spieler, denen Favre vertraut aus der Startelf fällt und welches System man spielen sollte, um die 10 wichtigsten Spieler auf den richtigen Positionen zu haben. Die Grundidee ist hier, dass es relativ egal ist, ob man 3-4-3, 4-2-3-1, 4-1-2-3 usw. spielt, sondern dass es darauf ankommt, dass Brandt zentral agiert und viele Optionen und Wege um sich herum hat, Guerreiro sicht in den Spielaufbau einbinden kann, Haaland sich nicht zu viel in den Zehnerraum fallen lassen muss, Sancho und Hakimi in Situationen kommen, wo sie etwas Platz haben, Reus als zweiter Abschlusspieler in den Strafraum stößt, usw... Daher habe ich diese "wichtigsten Spieler" herausgepickt.

Ein weiterer Schritt wäre zu überlegen, in welchem System alle Spieler möglichst Einsatzchancen haben oder wie die Talente möglichst viele Einsatzchancen haben. Da ich jedoch weder weiß, wie man genau plant (Bruun Larsen, Götze, Alcacer) oder wie gut diese Talente wirklich schon sind (Balerdi, Morey, Raschl) ist mir das derzeit zu spekulativ. Tendenziell würde ich aber sagen, dass sich eher die Spieler 12-19 in die Rollen einfügen müssen, als die Spieler 1-11...

Dass heißt aber nicht, dass ich die Anti-Rotationsstrategie gut finde. Jedoch denke ich, dass man leichter Nachvollziehen kann, warum so wenig rotiert wird, wenn man sich die Spieler 11-19 anschaut.


Auch wenn ich deinem letzten Satz - Stand jetzt - zustimme, frage ich eben, ob die Spieler 11-19 nicht auch deshalb von uns als nicht ganz gleichwertiger Ersatz oder sogar als sehr weit weg von einem Einsatz eingeschätzt werden, weil sie eben wegen mangelnder Rotation gar kein Standing aufbauen konnten und wir sie eben seltener, kaum oder auch gar nicht im Spiel gesehen haben und deshalb im beobachtungsarmen Raum heftig spekulieren müssen, wie stark oder schwach denn Spieler X oder Y wären (!), würden sie tatsächlich genügend Einsatzminuten bekommen, um sich nachhaltig (!) zu zeigen.

Da du deinen Schwerpunkt bei der Setzung der 10 wichtigsten Spieler rein auf die Offensive legst (Brandt, Guerreiro, Haaland, Sancho, Hakimi, Reus) ließe sich ein wenig polemisch fragen, wer denn bitte noch verteidigen soll, zumal du eine konstant gut spielenden Offensivkraft, nämlich Hazard, nicht einmal erwähnst und dennoch schon auf 6 Spieler kommst. Fakt ist aber, und hier stimmt diese leidige Redewendung tatsächlich einmal, dass der BVB (auch ohne Haaland und ohne Alcácer) kaum Probleme mit dem Toreschießen, aber enorme Probleme mit der Torverhinderung hat. Mit 46 Toren hat der BVB zur Zeit die drittbeste Offensivleistung der BL, verfügt aber mit 27 Gegentoren nur über die achtbeste Defensivleistung (übrigens gemeinsam mit Union Berlin) und steht deshalb (sogar noch ziemlich passabel) auf dem 4. Platz.

Deshalb sollte der BVB taktische Probleme aus Sicht der Defensive, die vorne beginnt, reflektieren und wir hier im Forum auch.

Bisher krankt jedoch die gesamte defensivtaktische Diskussion daran, dass wir nicht wissen, auf welchem Niveau die Talente Balerdi, Morey, aber auch z.B. Raschl (das DM/ZM hat ja nun auch defensive Aufgaben) spielen können. Wir wissen ja nicht einmal, wie Götze im OM oder auf RA (ja, ja, ich weiß, seit Sancho und Hazard denken alle beim RA an Dribbelkünste, man kann den RA aber auch ganz anders spielen) offensiv und (!) defensiv wirken würde, weil er bei seinen 16 Einsätzen 12-mal positionsfremd als MS und nur 4-Mal als OM (zusammen 86 Min. lang) eingesetzt wurde. Bei Götze, Dahoud und Bruun Larsen können wir uns in der Diskussion immerhin auf vergangene Leistungen beziehen, was wir selbst bzgl. Alcácer tun müssen, sofern er, während ich hier schreibe, überhaupt noch BVB-Spieler ist, denn Alcácer spielt seit dem 6. Spieltag, also weit vor der Verpflichtung von Haaland , keine nennenswerte Rolle mehr beim BVB. Ob allerdings die Extrapolation im Fußball ein sinnvolles Verfahren ist, möchte ich grundsätzlich bezweifeln.

Interessanterweise wird ohnehin bei der Beurteilung der Defensive die defensive Arbeit von MS, OM, RA, LA und ZM/DM mMn überhaupt nicht scharf genug kritisiert. Im Spiel gegen Augsburg haben wir dreimal den Ball im BVB-Netz zappeln sehen, bevor die Wende gegen schnell müder werdende Augsburger gelang. Was Sancho, Reus, Hazard, Brandt und Witsel an Defensivleistung gebracht haben, war nicht bundesligatauglich, ja nahezu erschreckend. Dazu gesellten sich zwei Schienenspieler - Hakimi und Guerreiro -, die anscheinend vergessen hatten, dass die 3er-Kette defensiv zur 5er-Kette zu werden hat. Was Hakimi defensiv geleistet hat, war insgesamt verstörend, Guerreiro ist auch kaum über die Leistung von Sancho, Reus und Co. hinausgekommen.

Stellt man sich demnach Hakimi und Guerreiro als klassische AV in einer Viererkette im 4-2-3-1 vor, sind Bedenken mehr als angebracht, v.a. in den ersten 60-70 Minuten eines Spiels. Schulz, den wir wegen seiner etwas über 1000 Min. Einsatzzeit ein wenig besser beurteilen können, scheint als klassischer LV auch keine Alternative zu sein.

Deshalb scheint mir eine Rückkehr zum 4-2-3-1, mit der Favre offensichtlich liebäugelt, solange Zagadou noch nicht wieder einsatzbereit ist, doch sehr risikoreich zu sein. Im 3-4-3 aber müsste endlich Balerdi eine Option sein, was von Favre aber mit dem lauen und, wie ich finde, wenig glaubwürdigen Hinweis, Balerdi müsse sich noch an das BL-Tempo gewöhnen (nach über einem Jahr BVB-Zugehörigkeit (!)), bereits abgeschmettert wurde.

Piszczek scheint in seiner letzten oder vorletzten BVB-Saison sowohl als RV in der 4er-Kette als auch als IV in der 3er-Kette nur noch in Ansätzen auf das nötige Niveau zu kommen.

Trotz dieser Probleme bei den Defensivkräften, geht es aber mMn taktisch viel mehr um eine Sicherung guter Defensivleistung der jeweils anderen 6 oder 7 Spieler. Diese Defensivleistung kann aber nur gesteigert werden, wenn die nach rückwärts gerichtete Laufleistung bei gegnerischen Angriffen, das Pressing und Gegenpressing zur Unterbindung dieser Angriffe und damit das gemeinschaftliche Verschieben eines kompakten "Mannschaftskörpers" ohne zu große Abstände zwischen den Mannschaftsteilen gelingt. Symptomatisch für eine schlechte Defensivleistung nahezu der gesamten BVB-Mannschaft waren das 2:0 und das 3:1 für Augsburg. Beim 2:0 war der BVB nicht nur wegen des missratenen Abwehrkopfballs von Akanji in einer schwierigen Lage, sondern weil mit einem Torwartabstoß 7 BVB-Spieler auf einen Schlag überspielt waren, weil die gesamte Mannschaft zu hoch stand. Der Sonntagsschuss von Richter - geschenkt (obwohl Bürki ebenso wie 7 BVB-Spieler im Traummodus war, denn so weit vor dem Tor und dazu noch zu stark in Richtung des linken Pfostens hätte er nicht positioniert sein müssen). Beim dritten Tor der Augsburger kann man v.a. das zögerliche oder unkoordinierte Rücklaufverhalten von Hakimi und Guerreiro bestaunen, aber auch das kaum orientierte Rücklaufen von Witsel.

Kurz: Wenn es der BVB im 3-4-3, aber auch im 4-2-3-1, was ich wegen der Außenverteidigerproblematik momentan noch weniger gern sehen würde, nicht schafft, defensiv kompakter, also mit der gesamten Mannschaft zu verteidigen, dann wird er dazu verdammt sein, weiterhin sehr viele Tore zu schießen, um die schwache Defensivleistung auszugleichen. Ich möchte die 3er-/5er oder die 4er-Kette in der letzten Verteidigungslinie nicht pauschal in Schutz nehmen - die beiden Niederlechner-Tore waren eben auch ein Offenbarungseid aller IV und von Hakimi -, aber wenn Hummels nicht wie von vielen erwartet, die letzte Abwehrkette stabilisieren kann, Akanji sich weiter als Fehlerquelle erweist (obwohl er wegen seines Tempos hinten nötig ist), Piszczek die ehemalige Leistung nicht mehr auf den Platz bringen kann usw. usw., dann ist es doch umso wichtiger, dass vom MS bis zum DM die Bereitschaft gesteigert wird, gegen den Ball und nach hinten zu arbeiten. Wahrscheinlich wird die letzte Abwehrkette auch wieder stabiler, wenn deren Spieler den Eindruck gewinnen, dass weniger Konter und konterähnliche Spielzüge ungebremst auf sie zurollen, weil ihre Mitspieler sich den gegnerischen Angriffen deutlich klarer und einsatzfreudiger entgegenstellen und sich auch nicht zu schade sind, bis zum eigenen 16er zurückzulaufen.

Wenn Favre und der Kader mit mehr gezielter Rotation keine kompaktere, robustere und lauffreudigere Defensivarbeit der gesamten Mannschaft aufziehen können, dann könnte sogar das Saisonziel CL-Platz in Gefahr geraten, denn darauf zu setzen, das vorne immer mehr Tore geschossen werden als die zahlreichen Gegentore, die der BVB nicht verhindern will oder kann, ist eine äußerst risikoreiche Wette.


Ich gebe dir vollumfänglich Recht, allerdings ziehst du jetzt das Thema von der anderen Seite auf, was irgendwie dann auch wieder zu einseitig ist. Denn die Tore gegen Augsburg wären - wie nicht wenige zuvor schon - zu verhindern gewesen, wenn die Strukturen im Ballbesitz einfach viel sicherer wären. Allein der Abspielfehler von Hazard zeigt in meinen Augen ein riesen Dilemma, das es genauso zu bekämpfen gilt, wie die nachlässige Rückwärtsbewegung, zumal hier eben auch ein Zusammenhang besteht.

Wir geben Hazard, als er von 3 Augsburgern getrappt wird, keine aggressiven Optionen, um die Augsburger in die Defensive zu zwingen. Dabei geht es noch nicht mal zwingend darum, dass Hazard selbst 1gg1 die Linie lang soll, um dann direkt Druck auf die Kette auszuführen, sondern erst mal darum, welche Laufbewegungen der Rest macht. Das betrifft Witsel, Hakimi, Reus und die komplette Kette. Da ist jeder Spieler nur darauf aus, dass der Ball gesichert wird. Hakimi macht nach seinem Anspiel sogar ein paar Schritte zurück, um wieder anspielbar zu werden, obwohl Piszczek hier genauso gut höher hätte stehen können, um diesen Raum zu übernehmen. Witsel und Reus hätte an der Linie jede Menge Platz, um einen Lauf in die Tiefe zu machen, so wie Augsburg drauf geht. Auch Hakimi kann durchlaufen und hätte freies Feld gehabt, wenn er mit so viel Anlauf kommt - dann hätte Augsburg dieselbe Spielsituation in der Defensive, die sie von uns in der Offensive direkt danach bekommen hätten. Dadurch hätte Hazard eine Anspielstation nach vorne, was im Zweifel immer noch ein besserer Ballverlust wäre. Ein Ballverlust der ziemlich unwahrscheinlich wäre. Macht man hier nochmal ein Standbild, dann sieht man jedenfalls, dass statt einer 2gg3 Unterzahl auch eine 2gg1 Überzahl von Reus und Witsel gegen den Augsburger LIV möglich gewesen wäre, wenn sie den Lauf zur Linie machen.

Das hat teils etwas mit Können zu tun (Witsel macht diese Läufe zwar immer mal wieder, aber nicht konstant und Reus lauert lieber mit Läufen in die Abschlusspositionen, was mir mittlerweile auch den Eindruck vermittelt, dass er niemanden auf die Idee bringen will, dass Außenposition eigentlich doch besser für ihn wäre), teils aber auch mit taktischen Zwängen. Wir bleiben schließlich im Ballbesitz, obwohl sich durch Augsburgs Überzahl und Positionsspiel freie Spieler finden lassen, viel zu passiv in Positionen, in denen wir bestenfalls den Ball sichern, solange wir keine Fehler machen. Wir machen aber Fehler, die für mich aber eine Folge der Fehlervermeidungsversuche sind. Da ist Druck auf dem Kessel, der zu immer noch mehr Druck führt, dass man ja keinen Fehler macht und dann doch steigt, wenn der Fehler dann passiert. Das darf man daher auch gerne als Kritik an Favre verstehen, der die Ketten von der Mannschaft eben nicht konsequent löst und völlig überrascht wirkt, dass die Mannschaft Fussball spielen kann, wenn sie denn muss und der Gegner halbwegs mitspielt.

Wir machen es auf diese Weise jedenfalls allein in der Szene Augsburg viel zu einfach den BVB zu pressen, weil überhaupt kein Zug da ist, um Augsburg in eine Defensivbewegung zu zwingen, mit der sie überlegen müssen, ob sie überhaupt mit 3 Mann zustellen. Bei uns bleiben - auch bedingt durch die 3er Kette, weswegen diese in meinen Augen gescheitert und eben nicht stabiler ist - zu viele Spieler im Ballbesitz passiv (Witsel, Hakimi und Reus bleiben in Räumen, die Raumverlust bedeuten oder in denen sie trotz allem nicht so einfach anzuspielen sind, weil sie - wenn der Pass kommt - sofort wieder isoliert sind, als Folge der Überzahl in der eigenen Kette), wollen keinen Ball aktiv haben - mit einigen Ausnahmen -, gehen nicht genug in Räume, die den Gegner dazu zwingen, dass er sich selbst aushebelt, wenn er sich zum Pressing entscheidet und haben damit auch in die Tiefe viel zu wenig Läufe, sofern wir nicht gerade kontern und auf einen offenen Gegner hoffen oder unbedingt müssen, weil der Spielstand es verlangt. Für mich funktioniert das nicht, wir bewegen einen Gegner so nicht ausreichend und beim kleinsten Fehler muss die Defensivbewegung so sitzen.

Diese funktioniert aber nach demselben Muster, indem vermeintliche Sicherheit großgeschrieben wird. Wir gehen nach Ballverlust jedenfalls nicht sofort so aggressiv drauf - stehen häufig auch nicht gut genug dafür, weil wir im Ballbesitz nicht nur nicht konsequent die Läufe machen, sondern auch versuchen uns dem Gegner zu entziehen, anstatt unter Druck Lösungen zu finden, 1gg1 zu gehen und damit die Statik des Gegners kollabieren lassen, was eigentlich nur Sancho und Brandt ausreichend machen, aber auch nicht ohne Fehler können, weil es auch vom Gegner erwartet wird, dass sie es machen -, sondern versuchen uns zurückzuziehen, um dann wieder aus einer kompakten Überzahl die Bälle zu erobern. Das funktioniert nur nicht, was man meines Erachtens auch genau an dem Fehler gut sieht, da es nicht nur um individuelle Fähigkeiten und Einstellung geht. Augsburgs Spieler stehen auf jeder Position eben nicht nur zwischen eigenem Tor und Gegenspieler, sondern oft genug vor unseren Spielern (siehe obigen Link), mit wahnsinnig viel Platz zwischen Kette und DM des BVB. Dadurch haben sie eben allein durch die Statik in dieser Pressingfalle einen Vorsprung von 2-3m, bevor sie überhaupt den Ball gewinnen. Sie lassen also bei Ballbesitz BVB bewusst die Läufe in die Tiefe zu, weil sie gar nicht so sehr darauf hoffen müssen, dass der BVB diese in so einer Spielsituation gar nicht erst macht.

Aus Favres Passivität - die aber auch von den Spielern mitgetragen, wenn nicht sogar in manchen Fällen bevorzugt wird -, in fast allen Lebenslagen, wird so ein taktischer Vorteil für Augsburg, für den sie gar nicht so wahnsinnig viel tun müssen, außer diszipliniert zu agieren - was sie später nicht mehr schafften, auch weil der BVB eben die Läufe in die Tiefe machte und dadurch mehrere Tore erzielte. Wir hatten nach der Systemumstellung Augsburg dort, wo wir sie haben wollen sollten, aber wo wir sie davor zu keiner Zeit hatten. Nicht wegen des MS, sondern weil wir endlich die Läufe in die Tiefe gemacht haben und die Pässe dann auch dafür gespielt haben. Dazu ist Augsburg dann auch im Pressing müder geworden, was sicher ein Glück war, aber gegen bessere Gegner haben wir das alles auch schon so oder so ähnlich gesehen und da kommen wir bei 3 Gegentoren eben nicht mehr zurück. Für mich reicht es aber, um zum Ende zu kommen, daher nicht, dass man die Defensivbewegung hier isoliert betrachtet, sondern es fängt alles schon mit Ballbesitz an. Das Hazard Gegentor ist das beste Beispiel, aber auch anhand der anderen Gegentore lässt sich das sehr ähnlich skizzieren, weil Augsburg hier bei allen Toren im Grunde dieselben Bewegungsmuster - manchmal nur seitenverkehrt - lief, sodass man den klaren Plan dahinter erkennen kann - gut also, dass sie nicht viel mehr als diesen hatten ...


Und so schnell verschiebt sich vermutlich die Realität, wenn das Spiel so weitergeht. Alles, was man letzte Woche schlecht gemacht hat, macht man heute gut. Alles was Augsburg in den letzten 30 Minuten letzte Woche schlecht gemacht hat, macht Köln heute noch schlechter ...
BVB - Taktik-Thread |#4308
24.01.2020 - 21:44 Uhr
Haha ich wollte heute vor dem Spiel eigentlich noch schreiben, warum ich glaube, dass ein hohes Pressing oder eine Manndeckung von Witsel und Brandt gegen uns mittlerweile brandgefährlich ist. eigentlich um zu zeigen, dass Can ok wäre. Aber ganz ehrlich: lieber Hummels als Quarterback als Can als DM im - 4-1-2-3. zwinker

•     •     •


BVB - Taktik-Thread |#4309
24.01.2020 - 22:27 Uhr
Zitat von JonasJoffe
Haha ich wollte heute vor dem Spiel eigentlich noch schreiben, warum ich glaube, dass ein hohes Pressing oder eine Manndeckung von Witsel und Brandt gegen uns mittlerweile brandgefährlich ist. eigentlich um zu zeigen, dass Can ok wäre. Aber ganz ehrlich: lieber Hummels als Quarterback als Can als DM im - 4-1-2-3. zwinker


Dass Pressing gegen Brandt und Witsel gefährlich ist, wäre für mich kein Pro Argument für Can, weil das ja erst recht voraussetzen würde, dass im Mittelfeld mehr Pressingresistenz dazu kommt. Brandt hat zudem heute wieder mehr Fehler gemacht, was aber in meinen Augen vor allem daran lag, dass er keine Anspielstation mehr hatte - das wäre zumindest ein Pro Argument für einen 3. ZM.

Allerdings kommt es halt darauf an, wie man das auch sonst noch gestaltet. Da haben sowohl Augsburg gegen Spielende als auch Köln heute im gesamten Spiel, viel zu viel Platz hinter der Kette gelassen, sodass wir mit langen Bällen dahinter gekommen sind und genug Platz hatten, um mit Anlauf reinzusprinten. Dann ist unser Tempo zu hoch. Dadurch ist Pressing auf das DM am Ende nicht hoch genug, da der Druck auf die IV sein muss, steht man mit der Kette so offen. Oder man steht tiefer, nimmt dadurch den Platz hinter der Kette und damit das Tempo. Köln hat beides nicht hinbekommen.

Generell ansonsten tolles Spiel heute, bei dem man wie gesagt alles gut gemacht hat, was letzte Woche noch schlecht war, bezogen auf sämtliche Kritik, die heute vor dem Spiel zu den letzten Wochen formuliert wurde. Allerdings würde ich keine Wetten annehmen, wann wir das nächste Mal auf einen Gegner treffen, der so offen gegen uns steht!
BVB - Taktik-Thread |#4310
24.01.2020 - 22:29 Uhr
Mal böse formuliert, aber was wurde defensiv eigentlich die Winterpause über trainiert? In Augsburg vogelwild, auch heute gegen Köln wieder viel zu viele Szenen hergegeben. In Halbzeit eins eine Topchance in der Anfangsphase, in Halbzeit zwei insgesamt hinten mit einigen Schüssen aus gefährlichen Bereichen.

Individuelle Patzer lassen sich scheinbar nicht abstellen, aber viel schlimmer finde ich die Verteidigung im Verbund. Es ist bei weitem kein Zufall, dass es Gegentore hagelt.

•     •     •

Immer weiter, und lauter, Borussia!
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